Die Arbeitswelt prägt unser Leben stark, sind doch die meisten von uns während 40 Stunden pro Woche am Arbeitsplatz. Arbeit ist buchstäblich das halbe Leben. Dieser Tatsache wird die heutige Wirtschaft aber nicht gerecht. Sie wird von den Interessen der wenigen Besitzenden dominiert. Gewinnmaximierung und Marktlogik sind wichtiger als das Wohlergehen derjenigen, die zum Erfolg der Firmen beitragen, wichtiger als gesellschaftliche Bedürfnisse und wichtiger als die Umwelt. Statt dass alle vom Wohlstand profitieren, ist der Reichtum bei wenigen Superreichen konzentriert, und dieser Prozess schreitet weiter voran. Wie stark das neoliberale Konstrukt der bürgerlichen Wirtschaftselite versagt hat, zeigen auch die jüngsten Volksabstimmungen. Dass «radikale» Volksbegehren wie die Masseneinwanderungsinitiative durchkommen oder als brandgefährlich eingeschätzt werden müssen wie Ecopop, ist Ausdruck des berechtigten Vertrauensschwunds gegenüber den selbstverliebten Wirtschaftsführern.
Gewinnmaximierung und Marktlogik sind wichtiger als das Wohlergehen derjenigen, die zum Erfolg der Firmen beitragen, wichtiger als gesellschaftliche Bedürfnisse und wichtiger als die Umwelt.
Was können wir dagegen tun? Wie stellen wir die Wirtschaft in den Dienst der Menschen? In einer zunehmend globalisierten Wirtschaft geht es darum, das Primat der Politik zurückzuerobern. Das reicht aber nicht. Es geht auch darum, den Menschen reale Teilhabe zu ermöglichen und ihnen Mitbestimmungsrechte zu garantieren. Dass eine andere Wirtschaft möglich ist, zeigen verschiedenste Unternehmen, die demokratisch organisiert sind und sich vernünftig verhalten. Sozial, solidarisch, ökologisch. Sie wirtschaften gesamtheitlicher – und erfolgreich. Stehen Probleme an, wird nicht einfach der Rotstift angesetzt und entlassen, sondern gemeinsam nach nachhaltigen Lösungen gesucht. Es gilt die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass dieses zukunftsfähige Wirtschaften zur Regel wird.
Dass eine andere Wirtschaft möglich ist, zeigen verschiedenste Unternehmen, die demokratisch organisiert sind und sich vernünftig verhalten. Sozial, solidarisch, ökologisch.
Trotz tiefer Arbeitslosenquote ist die Angst vor Arbeitslosigkeit in der Schweiz gross. Das zeigt das jüngste CS-Sorgenbarometer. Hinter dieser Furcht liegen die konkreten Erfahrungen, dass man das eigene Schicksal nicht in der Hand hat. Dass man eben nicht mitbestimmen kann. Tagtäglich wird einem vor Augen geführt, wie prekär die eigene materielle Existenz (und alles damit verbundene) eigentlich ist. Obwohl sie über eine gute Ausbildung verfügen und gewissenhafte Arbeit verrichten, sehen sich immer mehr Menschen von der Überflüssigkeit bedroht. Weshalb lassen wir das zu?
Diese Probleme gelten nicht nur, aber doch sehr ausgeprägt für die Grossunternehmen: Egal wie gut man arbeitet, ja sogar wenn das Unternehmen Gewinne schreibt – sind sie für das Top-Management oder deren Berater und Investoren nicht hoch genug, dann droht die Entlassung. Also passt man sich an, versucht zu gefallen und schluckt den Frust über erlebte Ungerechtigkeiten und sinnentleerte und immer bürokratischere Arbeit runter – oder reagiert ihn anderswo ab. Dabei richten sich Frust und Wut (noch) viel zu oft gegen unten, gegen Ausländer und Ausländerinnen und sozial Schwache, statt gegen oben, gegen die Profiteure des heutigen Systems.
Die Menschen müssen konkret erfahren, dass sie über die eigenen Lebensverhältnisse mitbestimmen können. Das ist die Voraussetzung für eine offene und solidarische Gesellschaft.
Die Menschen müssen konkret erfahren, dass sie über die eigenen Lebensverhältnisse mitbestimmen können. Das ist die Voraussetzung für eine offene und solidarische Gesellschaft. Doch genau das wurde in den letzten Jahren und Jahrzehnten vernachlässigt. Deshalb kämpfen wir für eine Ausweitung und Vertiefung der Demokratie. Für eine Demokratie, die auch die Wirtschaft umfasst und sie zu dem macht, was sie eigentlich sein sollte: ein produktiver Bestandteil eines selbstbestimmten guten Lebens in und mit der Gesellschaft.
Text publiziert am 16.12.2014 im Politblog auf tagesanzeiger.ch