Als junge Frau werde ich häufig gefragt, ob ich es nicht unfair finde, für die ältere Generation zahlen zu müssen. Nein, das tue ich nicht. Auch als 30-Jährige möchte ich in einer Gesellschaft leben, die allen ein Älterwerden in Würde ermöglicht. Und ich weiss: Ein starkes Rentensystem entlastet die Jungen von der Verantwortung, für ihre Eltern finanziell aufkommen zu müssen. Kommt hinzu, dass wir nicht nur von der Aufbauleistung unserer Eltern und Grosseltern profitieren. Sondern dass sie als Grosseltern, die ihre Enkelkinder hüten, massgeblich dazu beitragen, dass die Erwerbstätigen berufstätig bleiben können.
Ich werde auch oft gefragt, wie ich als Frau dafür sein könne, dass mit der Altersvorsorge 2020 das Frauenrentenalter auf 65 Jahre erhöht wird. Dass Frauen in Zukunft ein Jahr länger arbeiten müssen, ist eine bittere Pille angesichts der anhaltenden Lohnungleichheit und der Tatsache, dass nach wie vor Frauen die Hauptlast der unbezahlten Arbeit leisten. Beides führt zu tieferen Renten. Doch die Altersvorsorge 2020 ist ein Kompromiss, der als Gesamtpaket gerade auch für Frauen soziale Verbesserungen bringt:
Rentenniveau bleibt erhalten: Viele Arbeitnehmende machen sich wegen den Problemen bei den Pensionskassen Sorgen um ihre Rente. Für zukünftige Rentnerinnen und Rentner kompensiert die Erhöhung der AHV-Rente die Senkung des Umwandlungssatzes in der zweiten Säule von 6.8% auf 6%. Für alle über 45 Jahre gilt eine Besitzstandwahrung.
Erste AHV-Erhöhung seit 40 Jahren: Die AHV sorgt nicht nur für einen Ausgleich zwischen den Generationen, sondern auch zwischen Superverdienenden und denen mit tiefem und mittlerem Einkommen. Die AHV-Renten von Neurentnerinnen und Neurentnern werden erstmals seit 40 Jahren erhöht – für Alleinstehende 840 Franken pro Jahr, für Ehepaare bis zu 2712 Franken. Dieser Ausbau ist insbesondere für Frauen und tiefe und mittlere Einkommen wichtig. Sie profitieren am meisten von der AHV, da viele bis jetzt keine oder nur eine kleine Pensionskassenrente erhalten. Dafür werden die Lohnabgaben für Arbeitgeber und Arbeitnehmende nur um je 0,15 Prozent erhöht.
Höhere Pensionskassenrente für Frauen: Die Pensionskassenrenten der Frauen betragen im Schnitt ein Drittel einer Männerrente. Denn viele von ihnen arbeiten Teilzeit und ihre Löhne sind schlecht versichert. In Zukunft wird Teilzeitarbeit besser versichert. Dafür müssen zwar viele Arbeitnehmerinnen mehr Beiträge bezahlen. Die Arbeitgeber bezahlen aber mindestens die Hälfte der Beiträge. Und die starke Rentenungleichheit zwischen Männern und Frauen nimmt endlich ab.
Ältere Arbeitnehmende sind besser geschützt: Wer ab 58 seine Stelle verliert und keine neue mehr findet, bleibt in Zukunft weiter in seiner Pensionskasse versichert und behält – im Gegensatz zu heute – den Anspruch auf eine Pensionskassenrente.
Finanzierung der AHV auf sichere Füsse gestellt: Weil die Babyboom-Generation bald in Rente geht, steigt die Zahl der Rentnerinnen und Rentner vorübergehend an. Mit einer leichten Anhebung der Mehrwertsteuer werden die AHV-Finanzen bis 2030 gesichert. Eine Milliarde Franken wird der AHV zufliessen, ohne dass die Bevölkerung dafür mehr bezahlen muss als heute. Denn 0,3 Mehrwertsteuer-Prozente, die heute für die IV erhoben werden, fliessen ab 2018 in die AHV. Erst 2021 kommt es dann zu einer Anhebung der Mehrwertsteuer von heute 8 auf 8,3 Prozent.
Die Altersvorsorge 2020 bringt nicht nur eine höhere Rente in der sozialen AHV, um damit die Ausfälle in der weniger sozialen Pensionskasse zu kompensieren. Sondern auch viele Verbesserungen für kleine Einkommen und Teilzeiteinkommen, was besonders den Frauen zugute kommt. Und sie verhindert eine Erhöhung des Rentenalters. Ob alt oder jung – es gibt viele guten Gründe, für die Altersvorsorge 2020 zu stimmen.