Wir haben 10 Jahre mit einem EDI unter 2 FDP-Bundesräten hinter uns, den Bundesräten Couchepin und Burkhalter. Es waren negative Jahre, verlorene Jahre für die Altersvorsorge. Jahre der permanenten Angriffe auf die AHV. Jahre der fixen Idee des Sozialabbaus, beim Rentenalter, bei der Rentenhöhe.

Es ist uns, der SP, den Gewerkschaften, in diesen Jahren gelungen, die Heraufsetzung des Rentenalters zu verhindern. Wir haben Rentensenkungen im Obligatorium der 2. Säule zu blockiert, Stichwort Umwandlungssatz. Wir haben die Verschlechterung des Teuerungsausgleichs bei der AHV verhindert. Das alles mit  erfolgreichen Referenden und mit erdrückenden Mehrheiten an der Urne.

Aber vorwärts gekommen sind wir in all diesen Jahren nicht mehr. Bei der AHV nicht. Und bei den Pensionskassen noch viel weniger. Die Renten der Pensionskassen sind massiv unter Druck, durch Sanierungsbeiträge, durch Zinssenkungen quer durch die Landschaft vor allem ausserhalb des Obligatoriums.

Mit Alain Berset ist jetzt an der Spitze des zuständigen Departementes eine neue Aera eingeläutet worden. Endlich werden die Renten der ersten und der zweiten Säule wieder im Zusammenspiel behandelt. So wie es unsere Bundesverfassung vorschreibt (auch wenn das Economiesuisse überhaupt nicht passt). „Fortsetzung des gewohnten Lebens in angemessener Weise“ durch die Renten der AHV und der Pensionskassen: So formuliert die Verfassung das Leistungsziel der Altersvorsorge. Mit den Renten der AHV und der Pensionskasse soll man im Alter anständig weiterleben können. Das ist das hochmoderne Verfassungsziel der Altersvorsorge, das heute leider nur teilweise erreicht wird.

Aber machen wir uns keine Illusionen: Die Agenda des Departementes Berset in der Altersvorsorge ist nicht automatisch eine soziale Agenda. Es ist und bleibt die Agenda des mehrheitlich bürgerlichen Bundesrates. Es ist vorläufig eine Agenda mit vielen negativen Punkten für die Bevölkerung: Heraufsetzung des Frauenrentenalters, Herabsetzung des Umwandlungssatzes bei den Pensionskassen, auf gut deutsch Rentensenkungen, und – etwas vom Schlimmsten – die Gefahr der Blockierung des Teuerungsausgleichs bei der AHV über einen Automatismus, das bürgerliche Paradepferd der sogenannten Schuldenbremse. Was  vermeintlich harmlos „Schuldenbremse“ bei den Sozialversicherungen genannt wird, ist in Tat und Wahrheit nichts anderes als eine Tarnkappe für die Verschlechterung der AHV-Renten mit längerfristig massiven Folgen. – Diese negativen Punkte der vorläufigen Agenda des Bundesrates sind vom Rentenalter bis hin zur Verschlechterung der Renten Projekte, die in den Volksabstimmungen der letzten 10 Jahre haushoch abgelehnt wurden.

Uns genügen die Erfolge mit den Referenden aber nicht. Wir wollen endlich wieder einen Reformprozess, der den Leuten auch etwas bringt. Wenn wir aber wollen, dass sich in der Altersvorsorge für die Bevölkerung endlich wieder etwas Positives bewegt, dann können wir nicht auf das Bundeshaus warten. Dann müssen wir jetzt selber aktiv werden. Und zwar so schnell, dass wir den Reformprozess, der noch in diesem Jahr aufgegleist wird, wirksam beeinflussen können, und das dort, wo es die Leute am meisten drückt, nämlich bei den Renten, der Höhe der Renten.

Das ist der Grund für die Volksinitiative AHVplus. Eine schnelle Volksinitiative für eine Wende in der Rentenpolitik.

Weshalb AHVplus, weshalb ein Zuschlag von 10% zur AHV-Rente? - Eine Rentenverbesserung bei den Pensionskassen kann man vergessen. Bei der 2. Säule müssen wir schon froh sein, wenn wir weitere Verschlechterungen abwehren können.

Wie sieht es bei der AHV aus? Die AHV ist solid finanziert und enorm leistungsfähig. Aber auch bei der AHV gibt es einen Rückstand. Einen Nachholbedarf zum Niveau der Löhne. Seit der letzten Anpassung an das Lohnniveau ist es nun über 30 Jahre her, seit der 9. AHV-Revision. Und darum braucht es jetzt einen Zuschlag von 10%, damit die AHV-Renten mit der wirtschaftlichen Entwicklung wieder Schritt halten. Mit der Entwicklung der Löhne.

Die 10. AHV-Revision brachte abgesehen vom Frauenrentenalter 64 Fortschritte mit den Betreuungs- und Erziehungsgutschriften, überhaupt bei der Besserstellung der Frauen in der AHV, Stichwort Splitting, und Verbesserungen bei der Rentenformel. Aber beim Rentenniveau gibt es seit der 9. AHV-Revision 1979 inzwischen einen Rückstand von rund 10% auf die Löhne.

Ein Zuschlag von 10% auf die Altersrenten der AHV ist für alle mit unteren und mittleren Einkommen substanziell. 10% heisst bei der AHV rund 200 Franken pro Monat für Alleinstehende, sprich gegen 2‘500 Franken im Jahr. Bei den Ehepaaren sind es rund 350 Franken im Monat und über 4‘000 Franken im Jahr. So etwas ist bei den Pensionskassen ausserhalb jeder Reichweite.

Natürlich muss diese Rentenverbesserung auch finanziert werden. Was etwas wert ist, kostet auch etwas. 10% sind rund 3,5 Milliarden im Jahr. Aber bei der AHV kommt diese Rentenverbesserung für alle mit unteren und mittleren Einkommen viel günstiger als bei den Pensionskassen, und erst recht um ein Vielfaches günstiger als bei den privaten Versicherungen. Umgerechnet auf Lohnprozente oder besser Lohnpromille sind das 0,5% für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und 0,5% für die Arbeitgeber. Das ist ein sensationelles Preis-Leistungsverhältnis für die grosse Mehrheit der Bevölkerung mit unteren und mittleren Einkommen.

Kommt dazu, dass es auch andere Finanzierungsquellen gibt als die Lohnpromille. Käme die Erbschaftssteuer durch, so wäre der grössere Teil der Mehrkosten finanziert. - Nicht anders bei der Tabaksteuer. Käme die Tabaksteuer mit den enormen Aufschlägen der letzten Jahre so wie die Bevölkerung glaubt endlich der AHV und nicht dem Bundesbeitrag und damit der Bundeskasse zugute, dann würde allein das mehr als 2,2 Milliarden für die AHV einspielen. So massiv schenkt es ein, dass ein Paket Zigaretten inzwischen über 8 Franken kostet. Zwei Drittel der Kosten für AHVplus wären auf einen Schlag finanziert, wenn die Tabaksteuer in die AHV-Kasse fliessen würde.

Wenn wir AHVplus lancieren, dann kämpfen wir aber nicht nur für bessere AHV-Renten. Wir nehmen dann gleichzeitig den Kampf für eine starke AHV auf. Für eine starke AHV als das Herz des Sozialstaats, für eine starke AHV als unser wichtigstes und bestes Sozialwerk.

Die AHV ist ein grossartiges Werk der Solidarität zwischen den Generationen. Die AHV ist nicht nur wichtig für die Älteren, sondern genauso für die Jüngeren. Dank der AHV müssen die Jüngeren, die das Geld in diesen Jahren für sich und ihre Familien brauchen, nicht für eine extrem teure private Altersvorsorge sparen. Eine gute AHV hilft den Älteren und den Jungen.

Die AHV ist auch extrem leistungsfähig, wenn es um die sogenannte Demografie geht. Nehmen wir die Zeit zwischen 1975 und heute,  das sind fast 40 Jahre. Zwischen 1975 und heute hat die Lebenserwartung und die Zahl der Rentnerinnen und Rentner wie nie zuvor und wohl auch nie mehr in Zukunft zugenommen. 1975 waren es 900‘000 Rentnerinnen und Rentner, heute sind es über 2 Millionen. Also mehr als eine Verdoppelung in 38 Jahren. - Die AHV-Beiträge sind in diesen Jahrzehnten nie erhöht worden, nur einmal gab es ein zusätzliches MWSt%  Ende der 90er Jahre. - Wo gab es so etwas sonst? Etwa bei den Pensionskassen? Oder den Krankenkassen?

Mehr als eine Verdoppelung der Zahl der Rentnerinnen und Rentner auf über 2 Millionen und die gleichen Beitragssätze: Was erklärt dieses Wunder? Es ist nicht Zauberei, nicht Hexerei. Sondern nichts anderes als das gleichzeitig geniale wie einfache Finanzierungssystem der AHV. Die Beitragspflicht ist gegen oben unbeschränkt. Auch wer Dutzende von Millionen kassiert, zahlt auf dem Lohn und den Boni voll Beiträge. Die Renten aber sind plafoniert. Mehr als 2‘340 Franken pro Monat als Alleinstehender oder 3‘510 Franken als Ehepaar bekommt niemand.

Dieses solidarische Finanzierungssystem ist so einfach wie effizient.

Deshalb müssen wir die AHV verteidigen. Und darum kämpfen wir für eine starke AHV und gute Leistungen der AHV.

Die AHV ist die grösste Errungenschaft unserer Bewegung, der SP, den Gewerkschaften. Und sie ist gleichzeitig die grösste und wichtigste Errungenschaft der Schweiz des 20. Jahrhunderts, das Herz unseres Sozialstaats.

Es ist noch nicht so lange her, dass auch bürgerliche Bundesräte stolz darauf waren, wenn sie die Leistungen der AHV verbessern konnten, denken wir an Bundesräte wie Hürlimann und Egli. Heute, in diesen verrückten Zeiten, in denen die Reichen ihren Rachen nicht voll genug bekommen können und  die Mehrheiten im Bundeshaus getrieben sind von der fixen Idee des Sozialabbaus, heute liegt es wieder an uns, die Dinge zurecht zu rücken und für eine starke AHV zu kämpfen.

Dafür müssen wir den Kampf um die Köpfe und die Herzen der Leute aufnehmen. Auf der Strasse, mit der Unterschriftensammlung, in Gesprächen mit den Menschen quer durch die Schweiz. Gegen die Angstpropaganda der bürgerlichen Parteien und der meisten Medien bei der AHV. Indem wir die elementaren Zusammenhänge wieder erklären. Die so geniale wie einfache und solidarische Finanzierung der AHV. Die zentrale Bedeutung der AHV für die grosse Mehrheit der Bevölkerung mit unteren und mittleren Einkommen. Und die gewaltige politische Leistung der Erfindung der AHV, der Einführung und dem Aufbau der AHV.

Sie steht mit für das Beste der Schweiz. Nichts sorgt so sehr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wie die AHV. Sie steht für die soziale Schweiz. 

06. Mär 2013