Seit gestern Abend um 17 Uhr hat die Schweiz ihren eigenen #SchweizerAufschrei. Wir, ein loses und vernetztes Grüppchen Frauen, die feministisch aktiv sind, haben die Aktion auch als Reaktion auf die unhaltbaren Aussagen der SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler ins Leben gerufen. Die SVP-Vertreterin hatte sich in den Medien vernehmen lassen, dass naive Frauen, die fremde Männer mit nach Hause nehmen würden, an einer allfälligen Vergewaltigung Mitschuld tragen würden. Die untragbaren Aussagen von Andrea Geissbühler sind, was in der feministischen Diskussion als «Rape-Culture» bezeichnet wird: Frauen wird eingeredet, sie seien an Übergriffen selber schuld, sie hätten provoziert, die falsche Kleidung getragen oder sich nicht genügend gewehrt.
All die Erlebnisse, die auf Twitter und Facebook geteilt wurden, sind erschreckend, aufwühlend und berührend. «Wenn dir im Zug einer im Schlaf an die Brüste fasst und sich dann entschuldigt mit: 'Ich dachte, du wolltest das'», schreibt eine Nutzerin. «Der Typ, der mich an einem Sa-Nachmittag am Zürich HB berührte u. wegzerren wollte. Niemand intervenierte», schreibt eine andere. «Die HR-Person, die mich bei der Übergabe des Arbeitszeugnisses fragt, ob ich mit meinem Chef geschlafen hätte», eine weitere. Deutlich wird: Es braucht Mut, über diese Erfahrungen zu sprechen. Wer Sexismus benennt, läuft Gefahr, als Opfer oder als «überempfindlich» beschimpft zu werden. Das Internet hilft, darüber zu sprechen: denn es macht Phänomene wie Sexismus sichtbar, indem sie in einer neuen Form von Öffentlichkeit mit mehr Beteiligten diskutiert werden – im Einzelfall und im Alltag ist Sexismus nur schwer zu benennen und zu bekämpfen.
Die Aktion zeigt auch für uns als Partei: Wir sind noch nicht am Ziel. Es gibt Redebedarf, in der Gesellschaft, in der Politik. Wir brauchen eine feministische Kritik, die diese Zustände benennt und anprangert. Denn Frauen politisieren sich auch über feministische Themen. Wir brauchen funktionierende Frauennetzwerke, die uns sichtbar machen und stärken. Und nicht zuletzt brauchen wir solidarische und männliche Genossen, die mit uns aufstehen: Gegen Sexismus in der Politik – in den eigenen Reihen und in der Gesellschaft.