Eine turbulente Zukunft zeichnet sich ab. Das ungeklärte Verhältnis zu unserer wichtigsten Handelspartnerin schafft Unsicherheit. Der Frankenschock gefährdet Arbeitsplätze und unseren Wohlstand. Die anstehende Unternehmenssteuerreform III wird Auswirkungen auf Arbeitsplätze und öffentliche Finanzen haben. Die Finanzperspektiven der öffentlichen Hand sind eher düster.

Wie reagieren Politik und Wirtschaft auf diese Herausforderungen? Der SVP-Präsident ruft zum Krisengipfel. Zum Krisengipfel der Deregulierer und Staatsabbauer. FDP und CVP folgen der Einladung. Der SVP-Chef vergisst dabei, einen wesentlichen Teil unserer Gesellschaft mit einzuladen. Nämlich die politischen Vertreter einer solidarischen, ökologischen und nachhaltigen Schweiz.

Die Handelskammer des Kantons Solothurn macht es ihm gleich. Sie ruft ebenfalls zum Krisen- und Deregulierungsgipfel. Ebenfalls unter Ausschluss relevanter gesellschaftlicher Akteure.

Das kürzlich präsentierte Ergebnis der eidgenössischen Deregulierer ist bescheiden: So soll ein alternatives Besteuerungssystem im Bereich der Schifffahrt geprüft und auf Lenkungsabgaben auf Pflanzenschutzmittel verzichtet werden. So weit, so gut.

Auf die Beantwortung der wirklich drängenden Fragen wartet die staunende Öffentlichkeit immer noch.

Wie halten es die selbst ernannten Retter des Standortes Schweiz mit dem Verhältnis der Schweiz zu Europa, zur Welt und zu den Menschenrechten? Soll die Schweiz künftig einen isolationistischen Kurs mit unabsehbaren Folgen für Exportwirtschaft und unseren Wohlstand fahren? Soll sie vom vermeintlichen Sonderfall zum tatsächlichen Sonderling werden? Oder soll sie weiterhin offen und selbstbewusst im Chor der Nationen mitsingen?

Wie halten es die selbst ernannten Retter des Standortes Schweiz mit dem Verhältnis der Schweiz zu Europa, zur Welt und zu den Menschenrechten?

Unlängst liess sich auch der UBS-Chef vernehmen. Er will Steuern senken und Regulierungen im Finanzbereich abbauen. Ausgerechnet im Finanzbereich! Immerhin haben fehlende Bankenregulierungen vor kurzem zur Vernichtung von Dutzenden von Milliarden geführt. Eidgenossenschaft und Nationalbank mussten die UBS mit milliardenschweren Garantieleistungen vor dem Zusammenbruch retten.

Man wird den Eindruck nicht los, dass ein paar Krisengewinnler die schwierige Situation ausnützen und daraus möglichst viel Profit schlagen wollen. Mit Verlaub: Das ist unanständig und führt in die Sackgasse!

Man wird den Eindruck nicht los, dass ein paar Krisengewinnler die schwierige Situation ausnützen und daraus möglichst viel Profit schlagen wollen. 

Fleiss, Zuverlässigkeit und Erfindergeist haben massgeblich zum Erfolgsmodell Schweiz beigetragen. Aber Rücksichtnahme, Partizipation und Solidarität waren ebenso wichtige Bausteine unseres Erfolges. In guten Zeiten sorgten sie dafür, dass alle am Erfolg teilhaben konnten, und in schwierigen Zeiten führten sie zum Zusammenrücken und zur gemeinsamen Abwehr möglichen Schadens.

Die aktuelle Situation schreit förmlich nach diesem guten alten schweizerischen Wert des Gemeinsinns!

Mit Branchenegoismen und wohlfeilen Belehrungen aus weltfremden Chefetagen ist die Krise nicht zu meistern. Es braucht den Einbezug und die Zusammenarbeit aller – insbesondere auch der potenziellen Krisenverlierer.

 

Quelle: Solothurner Zeitung vom 4. April 2015

10. Apr 2015