Die Verpflichtung des Bundes, 215 Millionen für die marode Hochseeflotte der Schweiz zu zahlen, ist ärgerlich und schmerzhaft. Eine Untersuchung soll zeigen, was schief gelaufen ist. Wichtiger als gespielte Empörung ist die Vermeidung weiterer Fehler. Wenn es im Bereich der Landesversorgung und der Landesverteidigung weitere teure oder gefährliche Überreste aus dem Kalten Krieg gibt, müssen diese gefunden und politisch entschärft werden.

Die Hochseeflotte hat in der Finanzdebatte des Nationalrats um die Nachtragskredite hohe Wellen geworfen. Eigentlich ging es am Mittwochmorgen um einen um 1,2 Milliarden Franken besseren Rechnungsabschluss als budgetiert. Viel zu reden gab allerdings vielmehr der Nachtragskredit für die Hochseeschifffahrt der Schweiz. Aus rein rechtlichen (und nicht politischen) Gründen ist der Bund verpflichtet, einen sehr hohen Betrag von 215 Millionen Franken für eine Solidarbürgschaft zu bezahlen. Das ist sehr schmerzhaft, wenn man bedenkt, dass zum Beispiel vor ein paar Monaten im Rahmen der Budgetdiskussionen zulasten des Bundespersonals ganze 50 Millionen Franken weggekürzt wurden.

Aber zurück zur Hochseeflotte: Vor einigen Jahren hat man sie bzw. die dafür eingegangene Bürgschaft ohne grosse Fragen akzeptiert. Das Risiko einer Ziehung der Solidarbürgschaft wurde aus heutiger Sicht eindeutig falsch eingeschätzt – es wurde zu jener Zeit aber auch heruntergespielt. Licht ins Dunkel dieser Geschichte, die einen schalen Nachgeschmack hinterlässt, bringt hoffentlich die durch den Bundesrat veranlasste Administrativuntersuchung. Die SP will zudem die Geschäftsprüfungskommission (GPK) mit einer Untersuchung beauftragen, die die Ergebnisse dieser Administrativuntersuchung einbezieht.

Heute müssen wir uns die Frage stellen: Braucht die Schweiz eine Hochseeflotte? Für mich ist die Antwort klar: Für die wirtschaftliche Landesversorgung sicher nicht und andere gute Gründe habe ich bis heute nicht gehört. Der Kalte Krieg ist Geschichte. Die heutigen Bedrohungen und Gefährdungsszenarien sehen anders aus. Dagegen und zur Absicherung der Landesversorgung hilft keine Hochseeflotte. Die Hochseeflotte war ein marginales Thema in der Bundesverwaltung, das uns viel gekostet hat. Die Frage ist: Wo verstecken sich noch weitere Überbleibsel des Kalten Krieges? Und ist der Bundesrat – und nach ihm das Parlament – bereit, diese Frage ernsthaft anzugehen? Hier wären wohl effektivere Sparpotenziale versteckt als beim Personal oder bei der Entwicklungszusammenarbeit.  

31. Mai 2017