Heute frohlocken jene Kräfte im Land, die sich schon immer um das Wohl des Werkplatzes und das Wohl der arbeitenden Bevölkerung foutiert haben. Die gleichen Zyniker loben jetzt die Schweizerische Nationalbank, die zuvor über Monate den Mindestkurs, der die Schweizer Wirtschaft bisher vor einer Rezession gerettet hat, schlecht geredet haben. Es ist die gleiche Clique um Christoph Blocher, Oswald Grübel, Marcel Ospel und Kurt Schiltknecht, die schon immer die Rendite der Finanzjongleure höher gewichtet hat als die Länge der Schlangen vor dem Arbeitslosenschalter.

Machen wir uns nichts vor: Ab heute werden die Interessen des Finanzplatzes wieder höher gewichtet als jene des Werkplatzes. Der mutige Schritt der SNB vom September 2011 wird nun sogar vom obersten Währungshüter relativiert, indem Thomas Jordan erklärt, diese Untergrenze mache «keinen Sinn» mehr.

Alles deutet darauf hin, dass die SNB einerseits den Ideologen einer unabhängigen Geldpolitik nachgegeben hat und andererseits sich davor fürchtet, der Euro könnte sich in den nächsten Wochen und Monaten weiter abschwächen. Nur wäre letzteres gerade das beste Argument für die Beibehaltung des Mindestkurses zur Währung unseres wichtigsten Exportabnehmers! Auch wenn es den Isolationisten von der Zürcher Goldküste nicht passt: Unser Land und unsere Volkswirtschaft ist weder Insel noch Autarkie. Und genauso wenig verdienen wir alle unser Auskommen mit noch immer nicht ganz weissen Geldern aus der halben Welt.

Mit der Aufhebung des Mindestkurses tritt die Schweiz insbesondere der Exportwirtschaft und dem Werkplatz mit Füssen. All jene Unternehmen mit ihren Tausenden Arbeitskräften, die während der letzten Jahre und Monate alle Kritiker Lügen gestraft haben, die sich eine erfolgreiche Exportwirtschaft beim Kurs von 1.20 Franken nicht vorstellen konnten, sind heute öffentlich verhöhnt worden. Wieso? Weil mit dem Mindestkurs zumindest in Ansätzen etwas gelungen ist, was die bürgerlichen Wirtschaftsvertreter inklusive ihrem Dossiervertreter im Bundesrat nie für nötig erachtet haben: Eine Industriepolitik, also ein Einstehen für den Werkplatz, wie es die Schweiz leider nur gerade für die Bankbranche immer wieder macht.

Die neoliberalen Verteidiger des heutigen Entscheids schwadronieren von einem vernünftigen Einpendeln des Währungskurses in den nächsten Tagen und Wochen. Wer solche Phrasen von sich gibt, ohne rot zu werden, und erst noch daran glaubt, muss ein Zyniker sein. Wer solches sagt, der lacht all jenen Werktätigen ins Gesicht, die jetzt mit gutem Grund um ihre berufliche Zukunft bangen. Man darf gespannt sein, mit welchen Floskeln sie in den nächsten Wochen und Monaten die sich verdüsternde Konjunktur schönreden. Thomas Jordan hat heute zwar kurzfristig Probleme eingestanden, sich aber überzeugt gezeigt, dass zumindest mittelfristig alles besser werde. Schon Keynes hat während der grossen Depression auf solche rosaroten Prognosen richtig gekontert: «In the long run we are all dead».

15. Jan 2015