Das Budget für die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) steht praktisch jedes Jahr unter bürgerlichem Kürzungsdruck. Für die SVP gehört es zum Ritual – immer häufiger machen aber auch die FDP und CVP mit. 2011 hatte sich das Parlament zum Ziel gemacht, 0.5 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungshilfe bereitzustellen. 2017 waren es 0.46 Prozent, Tendenz sinkend. Dabei geht nicht einmal die ganze Summe in die EZA. Auch die Kosten für den Aufenthalt der Flüchtlinge in ihrem 1. Jahr in der Schweiz gehen auf dieses Konto.

Die humanitäre Hilfe, welche hauptsächlich bei Naturkatastrophen oder in Kriegsgebieten zum Einsatz kommt, geniesst unter den Politikerinnen und Politikern eine relativ hohe Akzeptanz. Das hat wohl damit zu tun, dass damit das Erfolgserlebnis, etwas Konkretes getan zu haben, sofort sichtbar wird. Wirksame Hilfe kann aber nur geleistet werden, wenn es im betroffenen Land Strukturen gibt – staatliche oder solche von internationalen und lokalen NGO. Nur so kann die Hilfe zu den Menschen gelangen. Mit der EZA, die naturgemäss langfristig angelegt ist, werden solche Netzwerke geschaffen und gepflegt.

Es ist richtig, dass die EZA gut begleitet und der Erfolg überprüft wird. So lassen sich Projekte verbessern und Fehler vermeiden. Mit den Projekten soll ein Beitrag an die Erreichung der 17 Nachhaltigkeitsziele aus der globalen Agenda 2030 geleistet werden. EZA beschränkt sich schon lange nicht mehr nur auf die Bekämpfung von Hunger. Ohne Unterstützung des Aufbaus von gesellschaftlichen und politischen Strukturen läuft heute nichts mehr. Deshalb umfassen die Projekte verschiedene Bereiche wie Friedensförderung, Wissenstransfer, Bildung, Gesundheit, Stärkung der Frauen, Minderheitenschutz, Menschen- und Umweltrechte oder Ressourcenbewirtschaftung.

EZA beschränkt sich schon lange nicht mehr nur auf die Bekämpfung von Hunger. Ohne Unterstützung des Aufbaus von gesellschaftlichen und politischen Strukturen läuft heute nichts mehr. 

Die Palette ist gross, nicht alles passt überall. Und nicht alle Projekte sind erfolgreich. Es ist richtig, dass darüber informiert wird. Das Parlament verlangt nach immer mehr Kontrollen und Berichten. Nun darf nicht der Effekt auftreten, dass die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) nichts mehr in fragilen Regionen tut, nur weil die Gefahr eines Misserfolgs dort grösser ist.

Immer noch fliesst doppelt so viel Geld vom Süden in den Norden, als umgekehrt – dies dürfen wir nicht vergessen. Deshalb muss EZA von wirtschaftlichen, finanz- und handelspolitischen Massnahmen begleitet werden. Daran muss intensiv gearbeitet werden, von alleine tut sich wenig. Die Konzernverantwortungsinitiative nimmt ein Thema dazu auf. Eine weitere Schiene ist die Ausgestaltung von Freihandelsabkommen.

Immer noch fliesst doppelt so viel Geld vom Süden in den Norden, als umgekehrt – dies dürfen wir nicht vergessen.

Auch die Forderung an die Industriestaaten, 0.7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen, ist immer noch berechtigt. Die Schweiz sollte dies endlich wieder anvisieren, gerade weil in den letzten Jahren Milliardenüberschüsse erzielt worden sind. Solange Gewinne immer noch nicht dort versteuert werden, wo sie anfallen, sondern in Steuerparadiese transferiert werden, solange sind Kürzungen der Entwicklungshilfe absolut unangebracht.

Die jüngste Forderung der SVP, unsere AHV mit Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit zu finanzieren, ist mehr als schäbig. Sie ist auch kurzsichtig. Denn mit der EZA können Perspektiven geschaffen werden, die Menschen ermöglichen, in ihrer Heimat eine Existenz aufzubauen.

09. Jan 2019