Die Gegner werfen den Initiantinnen und Initianten vor, bei der Mindestlohninitiative handle es sich um ein Diktat des Staates. Sie wollen sich nicht vorschreiben lassen, welcher Lohn mindestens bezahlt werden soll, sondern verweisen auf die Sozialpartnerschaft. Plötzlich wird diese hoch gelobt und als grossartige Alternative angerufen, die es ja ermögliche, den Mindestlohn auszuhandeln. Wenn es denn so einfach wäre!

Die Sozialpartnerschaft bzw. die Aushandlung von Gesamtarbeitsverträgen ist ja keine neue Idee und hätte somit bereits heute zur flächendeckenden Festlegung von anständigen Löhnen führen können. Weshalb sind denn nur 49 Prozent der Arbeitsverhältnisse durch einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) geregelt? Und nur 36 Prozent der Arbeitnehmenden einem GAV mit Mindestlohn unterstellt? Gerade in Tieflohnbereichen wie der Textil- und Bekleidungsbranche oder im Detailhandel mit vielen Angestellten bestehen kaum GAVs, ganz zu schweigen von der Landwirtschaft. Verschwiegen wird zu gerne, dass viele Arbeitgeber unter die „Antisozialpartner“ fallen, also Arbeitgeber, die GAVs in Frage stellen oder gar grundsätzlich ablehnen.

Wer Tag für Tag, die ganze Woche hindurch arbeitet, soll vom Lohn leben können. Er und sie sollen nicht auf Prämienverbilligungen für ihre Krankenkasse oder gar auf Sozialhilfe angewiesen sein und sich zwischendurch ein paar Ferientage gönnen können. Es ist nicht richtig, dass über Sozialhilfegelder, Krankenkassenprämien- und andere Verbilligungen, und damit letztlich über unsere Steuergelder, Unternehmen und Betriebe „quersubventioniert“ werden und die Eigentümer dafür absahnen (z.B. C&A oder Manor, wo die dahinter stehenden Familien Vermögen von mehreren Milliarden besitzen). Und was schliesslich die KMUs betrifft: ich bin überzeugt, dass viele Kundinnen und Kunden lieber etwas mehr für den bunten Blumenstrauss, die neue Frisur oder das coole T-Shirt bezahlen, als in Kauf nehmen zu müssen, dass die Angestellten von ihrem Lohn nicht leben können!  

Ein Mindestlohn ist also ein Diktat der Vernunft. Und manchmal muss man halt der Vernunft etwas auf die Sprünge helfen! Deshalb stimme ich der Mindestlohninitiative zu. 

05. Mai 2014