Seit den jüngsten Kriegen in Israel und Gaza haben antisemitische Äusserungen in der Schweiz nicht nur erschreckend zugenommen, sie wurden in einer nie dagewesenen Selbstverständlichkeit verbreitet. Die Schreckensherrschaft der ISIS in Syrien und Irak hat zudem auch den Antiislamismus nicht nur stammtisch-, sondern salonfähig gemacht. Gegen solch aufkeimenden Hass müssen wir als Gesellschaft entschieden ankämpfen.

Über Hass zu schreiben ohne einfach zu benennen und zu beklagen, ist gar nicht so einfach. Schwierig ist es auch, Antworten zu finden, die über Appelle hinausgehen. Der Hass und die Abscheu richten sich dabei nicht gegen Krieg, Gewalt und Terrorismus, sondern gegen jüdische und muslimische Schweizerinnen und Schweizer. Das ist für die Betroffenen bedrohend, verletzend und verängstigend. Und es ist ebenso gefährlich für unsere gesamte Gesellschaft.

Erschreckend ist dabei vor allem, mit welcher offenen  Gewalt solche Aussagen nicht nur in Mails und Briefen, sondern auch in den sozialen Medien und Onlineforen gemacht und durch Kommentare gepflegt werden. Das führt zu einer Gleichgültigkeit und damit Akzeptanz auch gegenüber körperlichen Übergriffen. Dazu gehören auch ausländerfeindliche, rassistische, sexistische und homophobe Attacken - sie haben ebenfalls zugenommen.

Der Klimawandel hin zum Hass hat internationale, aber auch hausgemachte Gründe. In einer politisch  geschürten Angst vor allem Fremden, vor Europa, dem Völkerrecht, den Flüchtlingen, gedeiht keine Kultur von Solidarität und Gemeinsinn. Die mediale Treibjagd gegen einzelne Politiker und andere Menschen oder die jüngste Verunglimpfung des Sozialstaats nähren kein Vertrauen ins Miteinander, in den Schutz der Gemeinschaft.

Den schlimmsten Auswüchsen des Hasses ist mit dem Strafrecht zu begegnen. Wieso soll zum Beispiel Hetze gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Identität nicht strafbar sein? Hier braucht es Verschärfungen im Gesetz und auch in der Anwendung.

Das gilt für die Unbelehrbaren, hilft aber nicht für die Masse der Verführbaren. Vorbehalte gegen Andere können nur durch frühe Kenntnisse und Begegnungen verhindert oder zumindest abgebaut werden. Und auch dadurch, dass, wer ausgrenzt und spottet nicht stillen Applaus, sondern laute Ablehnung erfährt.

Dazu braucht es Zivilcourage - aber auch mehr Achtsamkeit in der Medienöffentlichkeit und in der politischen Auseinandersetzung. So dass wir heute unserer Angst vor Krieg und Gewalt mit einer gemeinsamen und konkreten Solidarität mit all den Opfern und Vertriebenen begegnen könnten. Ja, das ist ein Appell.

01. Okt 2014