Die dritte Reform der Unternehmens­steuern (USR III) ist ein Sammelsurium von schädlichen Steuerausfällen. Die werden auch der Region Basel zuset­zen. Nur wenn diese Reform an der Urne scheitert, kann das Parlament rechtzeitig eine bessere Vorlage aushandeln – eine Vorlage, die die sinn­vollen Eckpunkte einhält, ohne dass schon wieder die Falschen an die Kasse kommen. Fazit: Ein Nein zur Unternehmenssteuerreform III ist besser – sowohl für Basel als auch für die Schweiz.

Klar ist, dass es eine Revision braucht, die das unhaltbare Privileg der Statusgesellschaften aufhebt – und mit einer schlanken Patentbox dafür sorgt, dass Holdings und andere betroffene Statusgesellschaften hierbleiben kön­nen. Die Behauptung der Befürworter, zu dieser Reform gäbe es keine Alterna­tive, ist aber völliger Mumpitz. Deshalb operieren die Befürworter jeglicher Couleur mit simplen Erpressungsparo­len: Seid ihr nicht willig, so gehen Zehn­tausende Arbeitsplätze bachab. Das ist kompletter Kabis. Und ebenso falsch wie viele andere Behauptungen rund um die Unternehmenssteuern auch.

Die Folge in den Kantonen

In einem sind sich Befürworter­Innen und Gegner einig: Die Reform kostet allein die Kantone und Gemein­den in der Schweiz mindestens zwei Milliarden Franken. Und das in einer Zeit, in der die Mehrheit der Kantone und viele Gemeinden auch ohne diese Ausfälle Defizite schreiben. Damit sie ihre Gewinnsteuern senken können, haben die Kantone dem Bund jährlich 1,1 Milliarden Franken abgetrotzt. Das Dumme daran: Der Bund hat diese Milliarde gar nicht. Er wird sie ein­sparen müssen.

Es ist dieses Geld, das dann den Kantonen fehlen wird. Der Bund hat bereits gegen den Widerstand der SP die Prämienverbilligungen für die kom­menden Jahre um 75 Millionen Fran­ken gekürzt. Das war erst der Anfang. Die zehn Millionen Franken, die die Basler Regierung als zusätzliche Prä­mienverbilligungen einsetzen will, wer­den im dümmsten Fall also nicht ein­mal das entstehende Loch stopfen.

Abzüge à gogo

Stark bluten wird auch die Bildung. Die Bildungsausgaben mussten schon jetzt gebremst werden. Sie wachsen jetzt weniger stark als die Studierenden­ zahlen. Die wegen der Schuldenbremse nötigen Einsparungen von 1,3 Milliar­den jährlich werden den Forschungs­standort Schweiz und besonders Basel hart treffen: Der Bund finanziert 20 Prozent der Unis, 30 Prozent unserer Fachhochschulen und 25 Prozent der Berufsbildung. Besonders hart wird das unsere Universität treffen, die wegen der Baselbieter Finanzlage vor unsiche­ren Zeiten steht. Auch der ETH wird es ans Eingemachte gehen. Sie wird zuerst an den kantonalen Aussenstellen spa­ren, das hat sie bereits angetönt – und eine davon ist in unserer Region! Und die Aufstockung der Grenzwächter kön­nen wir gleich vergessen.

Besonders ärgerlich: Die Ausfälle der jetzigen Vorlage wären gar nicht nötig. Insbesondere die neuen Steuer­abzüge haben nichts mit der Lösung des Statusproblems zu tun.

Die «zinsbereinigte Gewinnsteuer» zum Beispiel lässt sich Normalsterbli­chen gar nicht erklären: Weshalb sollen Unternehmen fiktive Zinsen abziehen dürfen, die sie nie bezahlt haben, Pri­vate aber nicht? Es ist eine Subvention für überschüssiges Kapital. Das schafft Anreize für Konzerne, Kapital in der Schweiz zu bunkern, um so immer höhere Abzüge geltend machen zu kön­nen. Die grosse Mehrheit der Kantone und der Bundesrat waren strikt gegen diesen Steuerabzug. Allein das kostet eine Viertelmilliarde – und zwar pro Jahr. Geld, das der Bund ebenfalls einsparen muss. Und zwar erneut auf Kosten der Kantone.

Die Schweiz wird nicht zurück in die Steinzeit geschickt, wenn die Reform bachab geht.

Noch absurder wird es bei den Aus­gaben für Forschung und Entwicklung: Für jeden Franken, den ein Unterneh­men in Forschung und Entwicklung investiert, sollen neu 1.50 Franken abgezogen werden können. Das ist schlicht eine Subvention. Versuchen Sie mal als Privatperson Ihre berufli­chen Weiterbildungskosten zu 100 Pro­zent, geschweige denn zu 150 Prozent abzuziehen. Wo bleibt da die Steuer­gerechtigkeit?

Auch die Patentbox ist zu einem Scheunentor für Steuerabzüge verkom­men. Anstatt sich auf Gewinne aus ech­ten Patenten zu beschränken, hat die Mehrheit in Bern Gewinne aus Software und nicht patentierbaren Erfindungen von KMU ebenfalls hineingepackt. Bis zu 90 Prozent der Gewinne sollen dann steuerfrei sein. Diese weit gefasste Pat­entbox ist ein Blindflug für die Steuer­ behörden, ein Eldorado für Juristen, Bürokraten und Steuerberater.

Kurz: Die Kantone können den Fir­men gesamthaft einen Steuerrabatt von bis zu 80 Prozent gewähren und hochrentable Unternehmen gegenüber Haushalten enorm bevorzugen. In der Stadt Lausanne müsste ein Ehepaar mit einem steuerbaren Einkommen von 80 000 Franken gleich viel Kantonssteu­ern bezahlen wie ein erfolgreiches Unternehmen, das einen Gewinn von einer Million ausweist. In Basel­ Stadt dürfte das in eine ähnliche Richtung gehen: Künftig soll keine Firma mehr als 13 Prozent Gewinnsteuer bezahlen – und zwar mit direkter Bundessteuer. Für Haushalte hingegen gilt weiterhin ein Steuersatz von 22,25 Prozent – und zwar ohne direkte Bundessteuer, die noch obendrauf kommt. Soziale Markt­wirtschaft sieht anders aus.

Grossaktionäre statt Mittelstand

Die bürgerliche Mehrheit hat nicht nur bei den Abzügen übertrieben. Sie hat sich auch geweigert, die Milliarden­ausfälle gegenzufinanzieren, obwohl das der Bundesrat ursprünglich ver­sprochen hat: Schweizweit wird das Ergebnis sein, dass der Mittelstand die Kosten berappen muss, entweder durch Leistungsabbau oder durch Steuererhö­hungen. Die Grossaktionäre hingegen freuts, denn ihre Dividenden, die sie seit der USR II nur noch zur Hälfte ver­steuern müssen, werden durch die vie­len Steuerschlupflöcher steigen.

Diese Steuerbefreiung war einer der grossen Fehler der USR II und hat dazu geführt, dass viele Betriebsinhaber ihre Firma in Aktiengesellschaften umge­wandelt haben, um sich Dividenden statt Löhne auszuzahlen. Damit sparten und sparen sie nicht nur Steuern, son­dern auch AHV­ Beiträge – was unsere AHV schwächt. Es ist kein Zufall, dass Bürgerliche das nicht korrigieren, son­dern lieber die AHV­Renten kürzen wollen. Sie geben lieber den Grossen als den Kleinen: So konnte sich etwa der in der Schweiz lebende Glencore­ Grossaktionär Ivan Glasenberg 2012 steuerfreie Dividenden in Höhe von 109 Millionen Dollar ausrichten las­sen. Ist es wirklich eine solche Schweiz, die wir wollen?

Vergessen Sie die Erpressungsparo­len. Die Schweiz wird nicht zurück in die Steinzeit geschickt, wenn die Reform an der Urne bachab geht. Im Gegenteil: Erst das Nein zu dieser Vorlage macht den Weg frei für eine schlanke Patentbox, die es in Basel tatsächlich braucht. Das ist nicht nur besser für Basel, es ist auch besser für die Schweiz.

Erschienen in der Basler Zeitung vom 13. Januar 2017

13. Jan 2017