Es geht bei dieser Abstimmung um die Frage, welche Werte uns als Gesellschaft wichtig sind. Das Urteil der Initianten ist klar: Mütter, die ihre Kinder zur Welt bringen, dürfen kosten. Sie sind es wert. Mütter, die ihre Schwangerschaft abbrechen, sind es nicht. Sie werden von den Befürwortern im Stich gelassen. Diese urteilen, ohne die Gewissensnöte und die ganz individuellen Gründe der Betroffen zu kennen.
Wer ja sagt zu dieser Vorlage, stösst die Tür auf für die Festlegung weiterer ausgrenzender Wertmassstäbe. Das ist ein Tabubruch, eine Umkehr des Grundgedankens des Krankenversicherungsgesetzes, weg von der Solidarität hin zum Verursacherprinzip. Sind es Raucher dann noch wert, medizinisch auf Kosten der Allgemeinheit behandelt zu werden, wenn sie an Lungenkrebs erkranken? Sind es angefressene Freizeitsportler noch wert, wenn sie im Alter in der Folge Beschwerden haben? Schliessen wir Menschen, deren Gewicht nicht dem Bodymassindex entspricht, von medizinischen Behandlungen aus, die vielleicht wegen ihres Übergewichts nötig sind?
Die Initiative lanciert eine Debatte um angebliches Eigenverschulden bei Krankheiten. Dieser Tabubruch ist für mich unakzeptabel. Deshalb lehne ich die Abtreibungsinitiative ab. Was wir als solidarische Gemeinschaft tun müssten, ist, Frauen und Mütter in ihrem Alltag und ihrer jeweiligen Lebenssituation unterstützen, Kinder viel liebevoller willkommen zu heissen. Genau das aber tun die Initianten in ihrer moralischen Erhabenheit nicht. Sie verurteilen alle, die sich nicht ihren Normen unterwerfen. Sie sprechen von Sünde und vergessen das Gleichnis, in dem die Solidarität siegt: «Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein».
Werfen wir keine Steine. Nehmen wir unsere Verantwortung wahr. - Ich sage Nein zur Abtreibungsinitiative, weil mir die Solidarität wichtiger ist, als eine trügerische Moral.