Wir sprechen heute nicht nur über den starken Franken, der die Schweiz schwach macht. Das wäre schon schlimm genug. Doch der Hauruck-Entscheid der SNB stellt noch eine andere Frage: Wohin steuert dieses Land?

Die SNB ist ohne Not vor den Spekulanten, den Staatsfonds und der Europäischen Zentralbank in die Knie gegangen. Mit ihrem Kniefall, für den sie von SVP, Bankern und internationalen Fonds in Davos gefeiert wurde, richtet die Nationalbank an der Schweiz schweren Schaden an. Dies in einer ohnehin schon schwierigen Lage nach der Abstimmung vom 9. Februar 2014 zur Einwanderung.

Als Gewerkschafter und Nationalrat sehe ich die Aufgabe der Politik darin, die Zukunft, den sozialen Frieden und die Arbeitsplätze zu sichern. Wohlstand wäre auch der Auftrag der Nationalbank. Paul Rechsteiner hat es gut formuliert: Wenn wir schon eine eigene Währung haben, soll sie uns nützen statt uns zu schaden. Ich bin nicht gewillt, hinzunehmen, dass demokratisch nicht legitimierte Finanzkonglomerate wie spekulative Fonds über die Zukunft unserer Arbeitsplätze und unserer Industrie entscheiden.

Was tun wir, um diese Spekulation zu unterbinden? Bisher hat der Bundesrat das Gegenteil getan: Allein mit der Unternehmenssteuerreform II hat die Schweiz wohl an die 1000 Milliarden steuerflüchtiges Geld in die Schweiz gelockt. Staatlich legitimierte Geldwäsche, gleichsam als Ersatz für das Bankgeheimnis. Nicht einmal Negativzinsen bremsen solche Zuflüsse. Wundert sich da jemand ernsthaft über einen irreal teuren Franken?

In einer solchen Situation würde die ökonomische Rationalität eigentlich verlangen, dass die Arbeitgeber mit uns gemeinsam sofort Druck für ein neues Franken-Kursziel machten. Exporteinbussen, sinkende Kaufkraft, Einbruch der Binnennachfrage, so sollte man meinen, können nicht in ihrem Interesse sein. Sie sind es möglicherweise doch. Denn schon in den ersten Stunden nach dem SNB-Entscheid brachten etliche Arbeitgeber Lohnsenkungen, Euro-Löhne, Gratis-Mehrarbeit, Betriebsschliessungen, Auslagerungen, zusätzliche Grenzgänger und noch mehr Steuersenkungen ins Spiel. Wie schon 2011 weigern sie sich, für die Abschwächung des Frankens auf ein realwirtschaftliches Niveau einzustehen. Manche faseln sogar von der «Frankenkrise als Chance».

Als Chance wofür? Es erhärtet sich der Verdacht, die Arbeitgeber wollten die Krise nutzen, um soziale Errungenschaften, GAV, Löhne und die Sicherheit der Arbeitsplätze zu schleifen. Was sie tun, ist die Demontage eines sozialen Modells. Einige ihrer irrlichternden Vordenker sehen in dieser von der SNB künstlich erzeugten Zerstörung von Jobs sogar ein Mittel, den SVP-Verfassungsartikel zur Einwanderung umzusetzen. Das Prinzip ist dasselbe: Die Arbeitenden sollen für Spekulation und Extragewinne bezahlen, mit sinkenden Löhnen und ihrer Existenz.

So wird der überbewertete Franken zur schweren Bedrohung des sozialen Friedens in der Schweiz. Wir stellen dem ein scharfes Nein entgegen. Und ein Angebot: Einen Stabilisierungspakt auf fünf Säulen.

  1. Neue Franken-Euro-Untergrenze. Gestützt durch die Eindämmung des Geldzuflusses durch höhere Negativzinsen, einen erweiterten Automatischen Informationsaustausch und einer Devisenumsatzsteuer von 1 Promille.
  2. Aus dieser minimalen Devisenumsatzsteuer ist eine Währungsrisiko-Versicherung (SERV plus) einzurichten, die mindestens den KMU bis 250 Beschäftigte einen realwirtschaftlichen Wechselkurs garantiert. Einen Antrag von mir in diese Richtung hat die WAK am vergangenen Dienstag als Kommissionsmotion verabschiedet.
  3. Kaufkraftsicherung. Hände weg von den Löhnen, von den GAV und von der Arbeitszeit. Kurzarbeit statt Entlassungen. Keine illegalen Eurolöhne.
  4. Eine Bildungs- und Forschungsoffensive, Gründung eines Fonds für eine Qualifizierungsoffensive, Ausbau der KTI. Die Kosten für die Lehrlingsausbildung sollen die Firmen während der nächsten 36 Monate auf die öffentliche Hand überwälzen können. Die Unia hat zur Wirtschaftspolitik vor drei Jahren einer noch weiter gehenden Vorschlag unterbreitet: Den Produktionsfonds für den ökosozialen Umbau.
  5. Investitionen. Nie war Kapital für die öffentliche Hand so billig zu beschaffen. Investitionen in Infrastruktur sind vorzuziehen.

Die Alternative. Darüber sprechen wir heute: Treiben die Arbeitgeber das Land in harte soziale Auseinandersetzung und den wirtschaftlichen Krebsgang? Klüger wäre: Wir lösen Frankenkrise und das Problem Bilaterale mit einem neuen Sozialpakt.

12. Feb 2015