Eine Thurgauer Gemeinde will Eltern büssen, wenn ihre in der Schweiz geborenen Kinder zu wenig Deutsch sprechen. Diese Methode ist weder wirksam noch fair. Durch Geldbussen wird die Integration dieser Kinder nicht vorangetrieben, sondern die Eltern, die oft im Tieflohnsektor arbeiten und sich Kindertagesstätten, in welchen die Kinder die Sprache spielerisch lernen würden, nicht leisten können, zusätzlich belastet.

Die Medienschlagzeile schreckte auf: «Wer schlecht deutsch spricht, wird gebüsst». Eine Thurgauer Gemeinde bittet Eltern zur Kasse, deren Kinder in der Primarschule noch zu wenig deutsch sprechen, obwohl sie in der Schweiz geboren sind. Statt fremdsprachige Familien für mangelnde Integration zu strafen, müsste sich die betroffene Gemeinden selber an der Nase nehmen. Sie hat es verpasst, den fremdsprachigen Familien die Türe zur Integration zu öffnen. Es darf nicht sein, dass Kinder, die in der Schweiz geboren wurden, sich zum Zeitpunkt ihrer Einschulung sich nicht in unserer Umgangssprache verständigen können! Warum nur haben diese fremdsprachigen Kinder bis zur Einschulung keinen Kontakt zu einheimischen Kindern? Das Problem liegt bei den teuren oder gar nicht vorhandenen Tagesstrukturen. Leittragende sind Kinder und Jugendliche, die keine Chance haben, dem Unterricht zu folgen. Sie werden auch später bei der Lehrstellensuche und im Arbeitsleben benachteiligt sein.

Kinder, die wenigstens zwei Tage pro Woche eine Kindertagesstätte besuchen, sind gut integriert und sprechen unsere Landessprache. Für fremdsprachige Eltern, die meist im Tieflohnbereich arbeiten, sind aber unsere teuren Tagesstrukturen schlicht unbezahlbar! Wenn nur ein Elternteil arbeitet, ist die Bezahlung eines Krippenplatzes illusorisch. Würden die Kosten durch die Gemeinde übernommen, wäre dies über kurz oder lang sehr gut investiertes Geld! Fremdsprachige Kinder sollten möglichst kostenfrei zum regelmässigen Besuch einer Tagesstruktur verpflichtet werden. Dort würden die Kinder spielerisch Deutsch lernen und frühzeitig in unsere Gesellschaft integriert. Gleichzeitig sollte diese Massnahme zur Integration der Mütter genutzt werden. Während die Kinder in der Tagesstruktur betreut werden, könnte ein Angebot an Deutschkursen und Kursen in Grundbildung helfen, diese besser in die Arbeitswelt zu integrieren.

Die Drogenpolitik hat uns den Weg vorgezeigt. Einseitige Repressionsmassnahmen waren nicht die Lösung und führten nicht zum Erfolg. Erst die sogenannte Drei-Säulen-Politik brachte die Kehrtwende. Auch bei der Integration tragen Repressionsmassnahmen keineswegs zur Integration in unsere Gesellschaft bei. Tagesstrukturen sind der Schlüssel zur Integration und langfristig günstiger und effizienter als Strafmassnahmen.

17. Jan 2017