Der Arbeitsgruppe schwebt gemäss Artikel in der „NZZ am Sonntag“ vom 24. November 2013 vor, dass Internetanbieter in Zukunft Warnhinweise einblenden, wenn NutzerInnen auf Websites zugreifen, um gratis Musik oder Filme herunterzuladen. Illegale Sites sollen sogar ganz gesperrt werden. Dieser Vorschlag ist in verschiedener Hinsicht zu kritisieren. Die Internetprovider, die nicht in die Arbeitsgruppe eingeladen wurden, würden damit zu einer Art Internetpolizei, die auf Veranlassung der Rechteinhaber aktiv werden müsste. Dementsprechend wehren sich die Internetbranche und Verfechter eines freien Internets gegen die AGUR21-Ideen.
In der Schweiz existiert bislang ein im internationalen Vergleich liberales Urheberrecht, das das Downloaden von Filmen, Musik etc. zum privaten Gebrauch nicht unter Strafe stellt. Glücklicherweise sind auch die Vorschläge von AGUR21 nicht so repressiv, wie wir das aus anderen Ländern kennen. Dennoch gehen sie klar in die falsche Richtung – gerade auch, wenn man das Mandat der Arbeitsgruppe als Massstab nimmt. Darin ist festgehalten, dass ein „besonderes Augenmerk“ auf die Entwicklung von Verwertungsmodellen gelegt werden soll, „die den heutigen Internetnutzungen gerecht werden“. Und weiter: „Unbeabsichtigte Nutzungsschranken und Behinderungen des Wettbewerbs“ sollen identifiziert und beseitigt werden. Der Bundesrat tut gut daran, sich bei der Beurteilung der AGUR12-Vorschläge an diesen Vorgaben zu orientieren. Nicht zuletzt aus gesamtgesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Überlegungen: In einer zunehmend vernetzten und digitalen Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft ginge es darum, das Urheberrecht zu liberalisieren und auf die neue Medienrealität anzupassen statt neue Hürden für Innovation, für den Austausch von Wissen und Ideen aufzubauen. Ohne die legitimen Interessen der UrheberInnen in Frage zu stellen, können urheberrechtliche Bestimmungen für die Zukunft die technischen Möglichkeiten nicht ausblenden und einfach auf Repression setzen.
Ein liberales Urheberrecht ist zudem nicht in erster Linie ein Problem für die eigentlichen UrheberInnen, also MusikerInnen, AutorInnen, FilmemacherInnen etc., sondern vor allem für die Unterhaltungsindustrie, die grossen Rechteverwerter, an die die Kulturschaffenden ihre Rechte beinahe zwangsläufig zu für sie ungünstigen Konditionen abtreten müssen. Es sind vor allem auch die amerikanischen Grosskonzerne bzw. ihre Vasallen, die Druck auf die Schweiz ausüben, weil sie um ihre Profite fürchten.
Das heisst nicht, dass es auf Seiten der Kulturschaffenden keine Probleme gibt. Nur braucht es dafür heute andere und neue Lösungen. Zunächst wäre es ganz „altmodisch“ nötig, die Verhandlungsmacht der eigentlichen UrheberInnen gegenüber den Verwertern zu stärken. Das geht aber nicht ohne eine kollektive Mobilisierung, die in diesem Sektor nach wie vor viel zu schwach ausgeprägt ist. Von Seiten des Staates ist an eine Differenzierung in kommerzielle und nicht-kommerzielle Verwendung von Wissen/Kultur im Urheberrecht denken; an eine Förderung von Modellen der freiwilligen Lizenzierung (z.B. Creative Commons), die die nicht-kommerzielle Verbreitung und Verarbeitung von Werken möglich machen; oder auch eine Unterstützung der Entwicklung von neuen legalen kommerziellen Geschäftsmodellen gerade für UrheberInnen. Schliesslich ist eine Reduktion der „Schutzdauer“ von Urheberrechten ins Auge zu fassen. Diese Ideen in ein neues und praktikables Urheberrecht zu giessen, wird noch Zeit und Arbeit erfordern. Unser Anspruch ist klar: Das Urheberrecht soll die Interessen von Kulturschaffenden schützen, aber gleichzeitig die freie Zirkulation von Wissen und Kultur über das Internet fördern.