Mit 57 000 beglaubigten Unterschriften hat die breite Allianz aus SP, Juso, Gewerkschaften, Grünen, Solidarité, PDA, Attac am 6. Oktober 2016 das Referendum gegen die Unternehmenssteuerreform III eingereicht. Das Referendum richtet sich gegen ein Unternehmenssteuer-Paket, dessen finanzielle Folgen unberechenbar sind, das Löcher in die öffentlichen Kassen reisst und das die Konkurrenz zwischen den Kantonen weiter anheizt. Die Volksabstimmung findet am 12. Februar 2017 statt. Mit einem Nein wird der Weg frei zu einer zukunftsfähigen Unternehmenssteuerreform.

Milliardenbschiss bei der USR II

Die SP fordert seit Jahren die Abschaffung der international geächteten Steuerprivilegien für sogenannte Statusgesellschaften. Wie dabei vorzugehen ist, zeigt sich an den Lehren aus der Unternehmenssteuerreform II: Die Verschleierung von finanziellen Folgen beim Kapitaleinlageprinzip führten zu einer krassen Rüge durch das Bundesgericht. Die Milliardenrückstellungen der Unternehmen brachten den AktionärInnen steuerbefreite Gewinnausschüttungen. Grossaktionäre mit einem Aktienanteil von 10 Prozent und mehr an einer Unternehmung müssen seither die Dividendeneinnahmen nur mehr teilweise versteuern. Der Wettbewerb mit Tiefstsätzen bei der Dividendenbesteuerung zwischen den Kantonen nahm groteske Formen an. Das Resultat ist eine krasse Privilegierung von Aktionären und Unternehmen.

Die Lehren daraus für die USR III: Die Reform darf nicht zur Unterbesteuerung von Unternehmen führen. Einnahmeausfälle müssen von Unternehmen gegenfinanziert werden und nicht durch Mehrbelastung von natürlichen Personen. Die Sicherung der finanziellen Ergiebigkeit der Gewinnsteuern für Bund, Kantone und Gemeinden setzte sich auch der Bundesrat zu Recht als Ziel der Reform.

Die Kosten der Reform – eine Blackbox

Das Resultat der parlamentarischen Beratungen bescherte uns das Gegenteil. Keine Transparenz und Berechenbarkeit der Kosten der Reform, Steuersenkungen mit der Giesskanne und grosse Mitnahmeeffekte.

  1. Die USR III bringt dem Bund ein Loch von mindestens rund 1.3 Mrd. Franken durch höhere Zahlungen der direkten Bundessteuer an die Kantone und durch die zinsbereinigte Gewinnsteuer.
  2. Nicht genau bezifferbar ist das Milliardenloch bei den Kantonen durch die Senkung der Gewinnsteuern und eine Vielzahl von Entlastungsinstrumenten.  
  3. Dramatisch wird die Situation für viele Gemeinden. Sie haben keinen garantierten Anteil an den höheren Bundeszahlungen an die Kantone. Die städtischen Finanzvorstände sagen deshalb Nein zur USR III, und der Städteverband hat Stimmfreigabe beschlossen.
  4. Nicht nur für SteuerzahlerInnen wird die USR III spürbar teuer werden, auch die Landeskirchen werden von den Steuersenkungen für Unternehmen stark betroffen sein. Weil nämlich in den meisten Kantonen auch Unternehmen eine Kirchensteuer bezahlen müssen, und diese einen Grossteil der Steuereiereinnahmen für Kirchen ausmachen, rechnen die betroffenen Kirchen mit einem grossen Einnahmeneinbruch. Die USR III stellt also viele Kirchen vor erhebliche finanzielle Probleme, welche – auch hier – nur mit einer Steuererhöhung für die natürlichen Personen (was wiederum viele Kirchenaustritte zur Folge haben wird) gelöst werden können.
  5. Die Vorlage fördert die Entharmonisierung zwischen den Kantonen. Die kantonalen Gewinnsteuern (Bund, Kanton, Gemeinde) werden nicht zwischen 16 und 18 Prozent liegen, sondern eher bei 12 bis 14 Prozent. Und auch das nur formell. Die Vielzahl von Instrumenten zur Entlastung der Unternehmen führt zu einem Wildwuchs, ein lukratives Geschäft für Steuerberater und Co. Ein race to the bottom zeichnet sich ab.
  6. Die Toolbox an Steuersenkungswerkzeugen ist eine wahre Büchse der Pandora:
  • Die kantonale Patentbox entlastet die Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten bis zu 90 %. Transparenz über die Ausgestaltung herrscht noch keine.
  • Mit der Inputförderung können in den Kantonen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung über den effektiven Aufwand hinaus bis zu 150 % zum Abzug zugelassen werden. Ob diese Subventionierung von der OECD und der EU akzeptiert wird, ist fraglich.
  • Eine Schlaumeierei ohnegleichen ist die die zinsbereinigte Gewinnsteuer (obligatorisch beim Bund, fakultativ bei den Kantonen). Damit können in der Erfolgsrechnung fiktive Zinsen auf sogenannt überschüssigem Eigenkapital verrechnet werden. Welche Hauseigentümerin kann Zinsen auf dem Eigenkapital vom Einkommen abziehen, die sie gar nicht zahlen muss?
  • Damit die Kombination der verschiedenen Instrumente nicht zu einer Nullbesteuerung führt, wurde eine maximale Entlastung für die Unternehmen von 80% festgelegt.

Zusammengefasst: Die USR III ist undurchschaubar, überladen und unausgewogen. Und niemand weiss, wie teuer sie uns zu stehen kommt. Wir rechnen vorsichtig mit 2,7 Milliarden Franken für Bund, Kantone und Gemeinden. Es kann aber auch ein Vielfaches davon sein, wie die USR II gezeigt hat.

Die Büchse der Pandora

Die USR III führt zu Steuersenkungen nach dem Giesskannenprinzip und hat mit der Aufhebung der Sonderstatusgesellschaften nichts zu tun. Entsprechend gross sind die Mitnahmeeffekte in den Kantonen z.B. in Zürich. Unternehmen, die die Instrumente geschickt kombinieren, können ihre Besteuerung minimieren. Bei einem durchschnittlichen Gewinnsteuersatz von 14 auf 3 Prozent.

Nein zur USR III ebnet den Weg zur tragfähigen Reform

Das Referendum eröffnet die Chance zu einer ausgewogenen Reform der Unternehmenssteuer. Ein Nein zur USR III in der Volksabstimmung ist ein klarer Auftrag, eine Vorlage auszuarbeiten, die sozial ausgewogen ist und den öffentlichen Kassen auf allen Ebenen (Bund, Kantone, Gemeinden) keine Verluste bringt. Dabei muss sich die Neuauflage an den ursprünglichen Zielen des Bundesrates orientieren. Das heisst, die USR III muss nicht nur die international verpönten Holdingprivilegien beseitigen, sie muss auch gegenfinanziert sein und zwar von den Unternehmen und deren EigentümerInnen.

Zeitlich kann der Prozess fristgerecht auf 2019 aufgegleist werden. Das Parlament beginnt nicht bei null. Alle Instrumente der Reform liegen auf dem Tisch und wurden im Bundesrat, in den Kommissionen und im Parlament bereits intensiv diskutiert. Das Parlament ist auch in der Lage, wie es längst bewiesen hat, rasch zu arbeiten. Es geht nur noch darum, politisch die richtigen Konsequenzen aus dem Referendum zu ziehen und eine USR III vorzulegen, die den internationalen Anforderungen gerecht wird, finanzielle Transparenz schafft, sozial ausgewogen ist und nicht neue Löcher in die Kassen von Bund, Kantonen und Gemeinden reisst. Das Nein zur USR III am 12. Februar 2017 ist die Chance für eine ausgewogenene USR III.

14. Okt 2016