Wie einige von euch sicher auch, habe ich mir heute Morgen beim Lesen von Kommentarspalten und ersten Erklärungsversuchen verwundert die Augen gerieben. Was bisher geschah: Das gestrige Nein zur USR3 war wuchtig, die Ohrfeige für Ueli Maurer, den Gewerbeverband, Economiesuisse, den faulen Kompromiss zwischen Gössi und Martullo-Blocher im Interesse der Grossaktionäre schallend. Angesichts des wohl für viele bürgerliche Politiker, Journalisten und Analytiker doch überraschenden Ergebnisses, greifen sie zu billigen und faulen Erklärungen.

Die NZZ stellt den gesunden Menschenverstand der Stimmbevölkerung in Frage. Andere Reden von einem unüberlegten Bauchentscheid, wiederum andere sehen im Nein ein Aufbegehren des Wutbürgers in Trump‘scher Manier gegen die politischen Eliten.

Trump?! Ja, man reibt sich ungläubig die Augen.

Schon vergessen? Wenn die Rechte in der Steuerpolitik überbordet, zieht die Stimmbevölkerung die Handbremse. So geschehen 2004 beim Steuerpaket. Beinahe geschehen 2008. Dank fahrlässigem Umgang von Merz mit Fakten sind die Bürgerlichen bei der Abstimmung zur USRII mit einem blauen Auge davon gekommen. 20‘000 Stimmen haben gefehlt.

Hätten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gestern blind und wütig gegen die „Behörden“ votiert, wären die anderen beiden Behördenvorlage, insbesondere diejenige für die erleichterte Einbürgerung, niemals so deutlich angenommen worden.

Damals wie heute ist der Entscheid der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger en connaissance des causes“ und sehr wohl mit Verstand gefällt worden. Natürlich sind die Details der USR3 kompliziert. Wer der Stimmbevölkerung jedoch abspricht, verstanden zu haben, worum es ging, ist im falschen Film. Die Kosten für die Aufhebung der privilegierten Holdingbesteuerung waren schlicht zu hoch und die Rechnung wurde den Falschen vorgelegt. Eine faire und ausgewogene Reform muss her. Der Entscheid für ein Nein hat nichts mit Populismus, nichts mit Herrn Trump oder Dummheit zu tun. Diese billige Analyse ist eine Frechheit gegenüber vielen mutigen Warnstimmen aus Gemeinden und Städten, gegenüber Tausenden von Menschen, die sich einer beherzten und breit abgestützten Kampagne angeschlossen haben.

Etwas mehr Tiefgang und Selbstreflektion der Verlierer in der Analyse des gestrigen Votums wären wünschenswert. Statt gefrustete Schnell-Erklärungen angereichert mit Trumpismus braucht es nun Besonnenheit für die Erarbeitung einer besseren und ausgewogenen Reform. 

13. Feb 2017