So skurril-unterhaltsam die Spionage-Affäre auch daherkommt, sie wirft ein Schlaglicht auf die nach wie vor praktizierte Steuerhinterziehung. Vielleicht reift jetzt auch in der Schweiz bei den letzten Bürgerlichen die Einsicht, dass Geschäfte zum Schaden der Allgemeinheit nicht nachhaltig sind.

Jetzt haben wir also endlich auch einen Spion. Noch besser: Einen Doppelagenten. Daniel M. («my name is M., Daniel M.» – wir könnten ihn auch Agent 000 nennen) soll – so scheint es – zuerst im Auftrag von deutschen Privatermittlern in der Schweiz versucht haben, Daten zu Bankkonten zu beschaffen. Dies, um gleichzeitig im Auftrag des Schweizer Nachrichtendienstes (NDB) die Tätigkeit deutscher Steuerfahnder auszuschnüffeln. Oder so ähnlich. Dummerweise hat er sich nicht nur im Verfahren der Bundesanwaltschaft, sondern auch sonst offenbar soweit verplappert, dass er in Frankfurt verhaftet wurde. Seine Spionagetätigkeit in Deutschland bezeichnete NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft als «Sauerei», derweil ein Kollege aus der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates im Radio messerscharf analysierte: «Die anderen haben angefangen».

Dazu ist zusammenfassend festzuhalten, dass Deutschland darum auf die (nach schweizerischer Lesart) illegale Beschaffung von Schweizer Bankdaten zurückgriff, weil die Schweizer Banken jahrzehntelang von einem (nach deutscher Lesart) illegalen Geschäftsmodell zugunsten deutscher Steuerhinterzieher profitierten. Es wäre also dann schon eher so, dass eigentlich «wir» irgendwie angefangen haben, worauf dann die anderen reagierten, worauf «wir» dann auch wieder reagierten.

Vielleicht ist es nun so, dass wir uns einige Lämpen hätten ersparen können, wenn wir etwas früher zur Einsicht gelangt wären, dass Geschäfte zum Schaden der Allgemeinheit (auch wenn sie ausländisch ist) irgendwie nicht ewig nachhaltig sind. Die meisten Schweizer Banken scheinen das inzwischen begriffen zu haben. Die Politik mehrheitlich auch – die Minderheit hofft unentwegt auf die Initiative «zum Schutz der Privatsphäre» (will heissen Steuerhinterziehungsgeheimnis, pardon Bankgeheimnis).

Umso mehr haben die Aufräumarbeiten erst begonnen: Es gibt sie nämlich auch in der ach so steuerehrlichen Schweiz, die Hinterzieher. Sie fürchten sich beispielsweise gerade vor dem geplanten Informationsaustausch mit dem Fürstentum Liechtenstein. 72 Millionen Franken Schwarzgeld, das dort vor dem Fiskus versteckt wurde, ist 2016 alleine im Kanton St. Gallen offengelegt worden. Dieses Jahr werde es noch mehr. Denn in Liechtenstein liegt viel Geld: Vermögen von 210 Milliarden Franken werden im Ländle verwaltet – ein Viertel davon aus der Schweiz. Da sollten sich nicht nur die Nachrichtendienste etwas einfallen lassen.

Und damit weiter im Spionageplot: Die Schweizer Botschafterin wurde in Berlin zu Gesprächen geladen. Nicht einbestellt, sondern eingeladen. Man ist ja befreundet. Dennoch: NDB-Chef Markus Seiler meint zum Affärchen vielsagend: «Nachrichtendienstliche Tätigkeit ist kein Streichelzoo und findet nicht nur im Büro statt.» – Wir sollten uns sofort die Filmrechte sichern.

05. Mai 2017