Armut kann uns alle treffen. Gerade die Corona-Krise hat das eindrücklich gezeigt. Umso erfreulicher ist es, dass sich die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) für die Annahme der parlamentarischen Initiative «Armut ist kein Verbrechen» von SP-Nationalrätin Samira Marti ausspricht. Nun muss das Nationalratsplenum nachziehen. Es darf nicht sein, dass seit Jahrzehnten in der Schweiz lebende Ausländer:innen weiterhin des Landes verwiesen werden können, nur weil sie in Not Sozialhilfe beziehen. 

Gemäss dem revidierten Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) kann der unverschuldete Bezug von Sozialhilfe durch Ausländer:innen aufenthaltsrechtliche Konsequenzen mit sich bringen und sogar zu einem Landesverweis führen – selbst wenn Betroffene seit mehr als zehn Jahren in der Schweiz wohnhaft sind. «Diese im Januar 2019 in Kraft getretene Verschärfung des AIG hat verheerende Konsequenzen auf ausländische Armutsbetroffene», sagt Samira Marti. «Immer mehr Menschen verzichten aus Angst auf die Hilfe, die ihnen zusteht.» 
Häufig verschulden sich Betroffene so stark, dass eine Schuldensanierung kaum mehr möglich ist, bei Mietzinsausständen droht der Verlust der Wohnung, auf notwendige ärztliche Behandlungen wird verzichtet, die berufliche Integration ist erschwert und die gesellschaftliche Isolation wird grösser. Potentiell sind über 2 Millionen Menschen von den Verschärfungen betroffen. «Wir halten den Druck weiterhin aufrecht, damit auch der Nationalrat dem Vorstoss zustimmt», sagt Samira Marti. «Nur so erhalten Armutsbetroffene ohne Schweizer Pass wieder ausreichend Zugang zu unserem sozialen Netz.»

Das Recht auf Unterstützung in Not ist ein Grundrecht, das in unserer Verfassung verankert ist und für alle gilt. Darum hat die SP Schweiz Anfang 2021 mit der Unia und der Schweizerischen Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht (SBAA) die Allianz «Armut ist kein Verbrechen» ins Leben gerufen, die von über 80 Organisationen unterstützt wird. Eine Petition, die das Parlament zur Annahme der parlamentarischen Initiative auffordert, wurde bereits von mehr als 16'000 Personen unterzeichnet.

29. Apr 2022