Entgegen der bisherigen Haltung des Bundesrates hat Johann Schneider-Ammann (FDP) an der heutigen Medienkonferenz Zahlen zu angeblichen „materiellen Konsequenzen“ der 1:12-Initiative genannt. Das ist unseriös und irreführend, denn letzte Woche hat der Bundesrat in seiner Antwort auf die Interpellation Rime unmissverständlich festgehalten, dass die finanziellen Auswirkungen nicht beziffert werden können. „Wie bei der Minder-Initiative malt Bundesrat Schneider-Ammann im Gleichschritt mit den Wirtschaftsverbänden den Untergang der Schweiz an die Wand“, sagt SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer. „Schneider-Ammann würde besser seine Hausaufgaben erledigen und etwas gegen das stagnierende Pro-Kopf-Wachstum in der Schweiz unternehmen. Die 1:12-Initiative macht das nämlich, indem sie für eine gerechtere Einkommensverteilung sorgt und so die Kaufkraft der breiten Bevölkerung stärkt.“

Es ist bedenklich, wenn ein Mitglied der Landesregierung an einer offiziellen Medienkonferenz lieber das Argumentarium des Gewerbeverbandes verliest – bis hin zum Titel der Pressemitteilung -, anstatt sich auf die von den Experten der Bundesverwaltung erarbeiteten Studien zu verlassen. Die Auswirkungen, die eine Annahme der 1:12-Initiative mit sich brächte, sind sehr komplex und nicht mit ökonomischen Modellen zu quantifizieren. Konsequenterweise hat der Bundesrat deshalb bisher darauf verzichtet, konkrete Zahlen zu nennen. Er hat allerdings festgehalten, dass inklusive einer volkswirtschaftlich neutralen Umverteilung der Lohnsumme zahlreiche Szenarien plausibel sind. Genauso plausibel ist das umgekehrte Szenario: Mehr Lohn-Gerechtigkeit stärkt die mittleren und unteren Einkommen. Das erhöht deren Konsumquote, was wiederum die Nachfrage stärkt und damit zu höherem Wachstum führt.

27. Sep 2013