Die Durchsetzungsinitiative bedroht das Bleiberecht von 2 Millionen Menschen in der Schweiz, davon 400‘000 Secondos und Secondas, die hier geboren sind. Sie schafft eine Zwei-Klassen-Justiz und höhlt den Rechtsstaat und den Schutz von Minderheiten aus. Die SP MigrantInnen haben heute an einer Medienkonferenz in Bern vor der gefährlichen und unmenschlichen Initiative gewarnt. Gemeinsam mit zahlreichen Parteien und Organisationen aus der deutschen, französischen, italienischen, albanischen, alevitischen, arabischen, kurdischen, portugiesischen, slowenisch-kroatisch-serbisch-bosnischen, spanischen, tamilischen und türkischen Gemeinschaft in der Schweiz lehnen die SP MigrantInnen die Initiative vehement ab.

Mustafa Atici, der Präsident der SP MigrantInnen, warnt davor, dass die Diskriminierung alle Menschen ohne Schweizer Pass trifft, besonders junge: «Die Annahme der Initiative würde das Lebensgefühl der hier geborenen und aufgewachsenen Jugendlichen, die sich am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Geschehen beteiligen, aber noch nicht eingebürgert sind, grundlegend verändern. Für sie würde die Schweiz nach einem Bagatell-Delikt zu einem offenen Gefängnis auf Bewährung, aus welchem sie jederzeit ausgewiesen werden können».

Die Initiative schaffe eine Zwei-Klassen-Justiz, meint auch Osman Osmani, Vizepräsident der SP MigrantInnen und Kantonsrat in Schaffhausen. «Ausländerinnen und Ausländer werden für kleine Vergehen masslos hart bestraft. Besonders brutal ist das für die 400‘000 Secondos und Secondas, die in der Schweiz geboren und aufgewachsen sind. Ihnen droht für Bagatell-Delikte die Ausschaffung aus ihrer Schweizer Heimat in ein Land, mit dem sie nichts verbindet».

Die Zürcher Kantonsrätin Isabel Bartal unterstrich noch einmal, wie unverhältnismässig hart die Initiative kleinste Vergehen sanktioniert: «Die SVP-Initiative zielt nicht auf Kriminelle, denn Gewaltverbrecher müssen schon heute das Land verlassen, sondern sie kann fast jeden und jede ohne Schweizer Pass treffen. Künftig führen schon eine Geschwindigkeitsübertretung um 15 Km/h, eine kleine Menge Cannabis oder ein vergessener Nebenjob bei der AHV-Abrechnung zur Ausweisung».

Nationalrat Martin Naef gab schliesslich zu bedenken, dass die Initiative das ohnehin schon schwierige Verhältnis der Schweiz zur EU noch mehr belastet: «Automatische Ausweisungen stehen klar im Widerspruch zu internationalen Verträgen, insbesondere zur Personenfreizügigkeit. Auch vor dem europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hätten Wegweisungen von Familienvätern für Bagatelldelikte kaum Bestand. Das schwächt die Rechtssicherheit und gefährdet den Ruf der Schweiz als vertrauenswürdige Vertragspartnerin».

15. Jan 2016