Heute finden in der Schweiz und überall Ostermärsche für den Frieden statt. Die Friedensbewegung wird teilweise gerade lächerlich gemacht – zu Unrecht. Ich möchte mich deshalb hier und heute ganz entschieden zur Friedensbewegung bekennen. Die Friedensbewegung ist nicht naiv, im Gegenteil.

Es war die Friedensbewegung, die seit Jahren davor gewarnt hatte, die stockende Abrüstung der Atomwaffen einfach so hinzunehmen. Es hat ihr niemand zugehört in den Chefetagen der Weltpolitik. Jetzt haben wir in Moskau einen Irren, der mit Atomwaffen droht. Dieser Krieg kommt nicht am Ende von dreissig Jahren Friedensförderung. Sondern nach dreissig Jahren Abwertung des Völkerrechts und des Wegschauens. Wer es wissen wollte, wusste bereits bei Putins Amtsantritt, wer er ist. Putin gewann die Wahlen nicht zuletzt mit seinem brutalen Vorgehen in Tschetschenien. Es sind nicht die «Utopist:innen» der Friedensbewegung, die Putins Militarismus unterschätzt haben. Sondern die so genannten Pragmatiker:innen in den politischen Eliten des Westens.

Jeder und jede, der oder die nicht völlig von Sinnen ist, weiss, dass dieser Krieg irgendwann auch am Verhandlungstisch beendet werden oder zumindest zu einem Waffenstillstand kommen muss. Die Alternative ist der totale Krieg. Das kann niemand ernsthaft wollen. Natürlich bedeutet das gerade nicht, dass wir die Ukraine ihrem Schicksal überlassen. Ich zumindest kann meinen Pazifismus sehr gut mit dem Selbstverteidigungsrecht der Ukrainer:innen unter einen Hut bringen. Bei dieser Selbstverteidigung kann, ja muss man ihnen auch helfen.

Aber gerade der hässliche Angriffskrieg Putins zeigt, dass Krieg am Ende nie Sieger kennt. Zumindest nicht unter den Normalsterblichen. Herrschende sichern sich mit Kriegen vielleicht einen Eintrag in den Geschichtsbüchern. Für die Menschen auf beiden Seiten bedeutet Krieg vor allem unmenschliches Leid und Tod. Es ist die Kriegsbegeisterung, die jetzt auch in der Schweiz durch so genannte «armeefreundliche» Kreise geht, die naiv ist. Einige hören sich an, als könnten sie fast nicht darauf warten, auch endlich einmal richtig mitmachen zu dürfen in einem Krieg. Das muss uns Angst machen.

Wofür also sollen wir heute kämpfen? Dafür, dass die Schweiz

  1. die Kriegsfinanzierung durch die Oligarchengelder und den russischen Rohstoffhandel in der Schweiz endlich abstellt,
  2. die Flüchtlinge würdig empfängt und integriert,
  3. die Menschen hierzulande vor den wirtschaftlichen Folgen des Krieges schützt.

Und ja, dafür, dass sich die Schweiz einsetzt, dass – irgendwann – das Völkerrecht, das Recht auf Selbstbestimmung aller Nationen und der Wunsch nach Frieden und Abrüstung die Welt regieren und nicht die imperialen Gelüste Russlands oder anderer Grossmächte.

Dieser Text erschien zuerst am 18. April 2022 auf dem Facebook-Account von Cédric Wermuth.

18. Apr 2022