Spätestens seit den 1990er Jahren vermag die Marktordnung den sozialen beziehungsweise demokratischen Ausgleich nicht mehr zu garantieren. Im Gegenteil: Die Spreizung von Eigentums- und Vermögensverhältnissen nimmt unvorstellbare Ausmasse an. Immer mehr Märkte wie der Informations-, Energie- oder Immobilienmarkt neigen zu Oligopol- und Monopolbildung. In den Grossstädten findet eine rasante Umverteilung von den Einkommen lohnabhängiger Mieter_innen zu grossen Immobiliengesellschaften und damit zu Kapitalvermögen statt. Der forcierte Umbau von Gesellschaften in Wettbewerbsgesellschaften führt zur Erosion der letzten Solidargemeinschaften. Die sich verschärfende Klimakrise macht zudem deutlich, wie die gegenwärtige Wirtschaftsordnung die Profitinteressen Einzelner über die des Gemeinwohls stellt. Die rücksichtslose private Gewinnabschöpfung führt zur Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlage der Allgemeinheit. Mit dem digitalen Plattformkapitalismus sind zugleich neue Formen der Ausbeutung von Arbeitnehmer_innen entstanden, die zu einer weiteren Stärkung des Kapitals gegenüber der Arbeit führen. Kurz: Der Kapitalismus ist wieder in eine extremistische Phase eingetreten.
Zeit für einen Richtungswechsel
So kann es nicht weitergehen! Die Zeit für einen Richtungswechsel ist gekommen: Wir brauchen eine Wirtschaft, die das Gemeinwohl wieder ins Zentrum stellt, die nach solidarischen, demokratischen und ökologischen Massstäben funktioniert, eine für die vielen, nicht für die wenigen. Das Vorstosspaket, das wir in der Frühjahrssession 2020 vorbereiteten, liefert Bausteine für eine solche sozialökologische Transformation. Es geht um grundlegende Fragen des Zusammenlebens in einer demokratischen Gesellschaft: etwa um die nach dem Verhältnis zwischen Gemeinwohlinteressen und Geschäftsmodellen oder um die Frage, wie Gemeingüter durch gemeinsames Eigentum gerettet werden können.
Vorstosspaket ist lanciert
Am 3. Dezember 2016 wurde am Parteitag der SP Schweiz in Thun das Positionspapier «Wirtschaftsdemokratie» mit grosser Mehrheit angenommen, an der Delegiertenversammlung vom 14. Oktober 2017 schliesslich der Aktionsplan «Wirtschaftsdemokratie» verabschiedet. Seither hat die Arbeitsgruppe Wirtschaftsdemokratie viel unternommen, diesen Plan in die Tat umzusetzen. Sie hat zahlreiche Veranstaltungen und Tagungen organisiert, ein internes Bildungsmodul zum Thema Wirtschaftsdemokratie in Deutsch und Französisch entwickelt, die Info-Broschüre «Commons» herausgegeben, die Ideen und Unterstützung liefert, um die Teilhabe und Mitbestimmung an und in der Wirtschaft zu ermöglichen, sie hat einen Internetauftritt gestaltet sowie einen Informationsfilm zu unserem Wirtschaftskonzept produziert. Nun ist die Zeit gekommen, dem Aktionsplan auch auf der parlamentarischen Ebene Geltung zu verschaffen: Wir haben eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet, um einer demokratischen, ökologischen und solidarischen Wirtschaft zum Durchbruch zu verhelfen.