Teile von Grünen, Juso und Gewerkschaften behaupten im Abstimmungskampf gegen die AHV-Steuervorlage (STAF), letztere sei «alter Wein in neuen Schläuchen» und heize den Steuerwettbewerb an. Beide Argumente sind falsch. Die STAF ist keine Neuauflage der USR III. Sie unterscheidet sich in zwölf wichtigen Punkten von der abgelehnten Vorlage. Einer davon ist die AHV-Zusatzfinanzierung. Die anderen sind substantielle Verbesserungen, die wir Linke erstritten haben und die den Steuerteil gerechter machen. Die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage schweigen diese tot.

Riesige Löcher gestopft

Die zinsbereinigte Gewinnsteuer, ein neuer Monsterabzug für billige Buchhaltungstricks, wird nicht für die ganze Schweiz eingeführt. Das Kapitaleinlageprinzip, ebenfalls ein Monsterabzug für Steuerparasiten, wird endlich eingeschränkt. Die Besteuerung von Grossaktionären wird angehoben. Alleine diese drei Verbesserungen bringen mindestens 520 Millionen Franken mehr Steuereinnahmen von Konzernen und Reichen, als die USR III gebracht hätte.

Weiter haben wir Linken im Bundesparlament erreicht, dass die Patentbox und die Abzüge für Forschung und Entwicklung enger gefasst werden. Die Patentbox fokussiert auf in der Schweiz entwickelte Patente. Die blosse Entwicklung von Software ist nicht mehr abziehbar. Und im Bereich Forschung und Entwicklung können fast nur noch Personalkosten abgezogen werden. Auch das ist entwicklungspolitisch richtig. Lieber Investitionen in Innovation und Jobs von den Steuern befreien als billige Buchhaltungstricks. Und auch das bringt Mehreinnahmen gegenüber der USRIII. Leider kann diese niemand beziffern. Sie dürften aber riesig sein.

Weiter werden die Abzüge stärker gedeckelt. Alle Unternehmen müssen mindestens 30 % ihrer Gewinne zum vollen Steuersatz besteuern. Egal wie viele Abzüge sie geltend machen können. Die USR III wollte nur 20 %. Und schliesslich haben wir es geschafft, dass die Kantone die zusätzlichen Bundesgelder zwingend an die Gemeinden weitergeben müssen. Wer vor diesem Hintergrund behauptet, das sei alter Wein in neuen Schläuchen, macht sich unglaubwürdig.

Reiche zur Kasse gebeten

Die genannten Korrekturen der Unternehmensbesteuerung und die Abschaffung der Sonderbesteuerung ausländischer Gewinne führen dazu, dass Grosskonzerne und Grossaktionäre erstmals seit Jahrzehnten wieder mehr Steuern bezahlen müssen. Rechnet man Bund und Kantone zusammen, werden die bisher bevorzugten Grosskonzerne über 2 Milliarden Franken mehr Steuern zahlen. Die Bundeskasse profitiert ganz klar davon.

Dass in einigen Kantonen trotzdem mit Mindereinnahmen gerechnet wird, hat nichts mit der STAF zu tun, sondern mit den kantonalen Umsetzungsplänen. Denn die Bundesvorlage, über die wir am 19. Mai abstimmen, senkt keine Steuersätze. Ein Nein würde die Finanzen dieser Kantone nicht verbessern. Im Gegenteil, die Kantone würden gesamthaft eine Milliarde Franken verlieren, weil die höhere Beteiligung an den Steuereinnahmen des Bundes wegfiele.

Eindämmung des Steuerwettbewerbs

Auch das zweite Argument ist haltlos. Die STAF heizt den interkantonalen und den internationalen Wettbewerb nicht an. Im Gegenteil, sie dämmt ihn ein. Tiefsteuerkantone mit Steuersätzen unter 13 % gibt es in der Schweiz schon seit Jahren. Bürgerliche Kantone brauchen dafür keine STAF. Luzern, Nid- und Obwalden, die beiden Appenzell und Zug lassen grüssen. Diese Kantone würden nach einer Ablehnung der STAF ihre Steuersätze nicht anheben, auch die Kantone Waadt und Basel-Stadt nicht. Denn deren Steuersenkungen sind bereits rechtskräftig.

Damit die Kantone ihre Sätze endlich harmonisieren und auf ein anständiges Mass heben, braucht es eine Volksinitiative. Ein Nein zur STAF würde uns auf diesem Weg kein bisschen weiter bringen. Es wäre im Gegenteil zu befürchten, dass einige Kantone die Sätze dann noch stärker senken würden. Die Steuerspirale mit dem Ausland kann nur international gebremst werden. Indem die Schweiz mit der STAF die internationalen Regeln übernimmt, begibt sie sich auf diesen Weg und macht einen entscheidenden und längst fälligen Schritt.

Referendum gegen die USR III hat sich gelohnt

Menschen, die sich für eine gerechte Verteilung der Profite und eine gesunde Staatskasse einsetzen, haben sehr gute Gründe, Ja zur AHV-Steuervorlage zu sagen. Sie ist aus linker Sicht ein zweifacher Fortschritt. Sie bringt eine dringend nötige und soziale Zusatzfinanzierung für die AHV und ein gerechteres Steuersystem.

Das Referendum gegen die USRIII hat sich doppelt gelohnt. Der vorliegende Plan B ist entschieden besser. Bei einem Nein dürfte es chaotisch werden. Denn die Vorlage wird nicht nur von einzelnen Linken sondern auch von Rechten bekämpft. Beide Seiten würden sich zu den Abstimmungssiegern erklären und dann jahrelang über einen Plan C streiten. In der Zwischenzeit ginge die AHV den Bach runter und die internationalen Steuerparasiten würden in der Schweiz weiter schmarotzen.

10. Mai 2019