«Finanzskandal beim Bund! – So wirft das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) Steuergelder aus dem Fenster» titelt der Blick diesen Dienstag. Wer den Artikel liest, traut seinen Augen nicht: Da hat doch (schon wieder!) ein Beamter mutwillig und dreist Geld aus dem Fenster geworfen! Den neoliberalen Staatshassern läuft vor Freude das Wasser im Mund zusammen. Endlich ist es wieder einmal bewiesen: Der Staat und die faulen Beamten schlampen mit unserem Steuergeld – Skandal! Das Problem an der Geschichte ist nur, das wenig übrig bleibt vom vermeintlichen Skandal, wenn man die Fakten anschaut – zumindest nicht beim Amt.

Konkret geht es darum, dass das Boulevard-Blatt aufgedeckt haben will (hier gibt’s den Artikel in der Online-Version), dass das BLV zu hohe Rechnungen an die Firma SuisseLab überwiesen haben soll, die im Auftrag des Bundes und der Bauern die Qualitätsprüfungen der Milch vornimmt. Tatsächlich wurden die Bundesbeiträge nachträglich erhöht. Allerdings nicht, weil die Beamten im BLV gerade nicht wussten, was sie mit ihrem Budget machen sollten. Sondern vielmehr, weil die Parlamentsmehrheit genau einen solchen Beschluss durchgedrückt hat – gegen den Willen des Bundesrates und der SP.

Die kritisierten Beiträge an SuisseLab wurden nur erhöht, weil die Parlamentsmehrheit genau einen solchen Beschluss durchgedrückt hat – gegen den Willen des Bundesrates und der SP.

Es geht nämlich bei diesen Zahlungen nicht eigentlich um Gelder für SuisseLab, sondern um eine Subvention an die Milchbauern. Je nach Höhe der Kostenbeteiligung des Bundes zahlen die Bauern selber mehr oder weniger für die Milchprüfung (übrigens ist das die einzige Branche, für die der Bund die Qualitätskontrolle der Produkte mitfinanziert). Und das Parlament wollte explizit diese Kostenbeteiligung erhöhen. Folgerichtig hat der Bundesrat das BLV angewiesen für die Umsetzung des Willens des Parlaments zu sorgen. Von der Kritik des Blicks bleibt am Schluss also genau noch übrig, dass Bundesrat und Verwaltung sich an die Vorgaben des Parlaments gehalten haben. Was für ein Skandal...

Tatsächlich ist die Subvention der Milchprüfung eine fragwürdige Sache. Und tatsächlich treibt es mir nach vier Jahren Finanzkommission noch jedes Jahr die Galle hoch, wenn ich sehe, mit welch’ unverfrorener Selbstbedienungsmentalität die – vermeintlichen! – «Bauernvertreter» den Bundeshaushalt hauptsächlich als Selbstbedienungsladen verstehen. Klar, die Landwirtschaft braucht Unterstützung. Dagegen wehre weder ich mich, noch die SP-Fraktion. Aber es geht nicht an, dass man bei allen anderen bis und mit der Entwicklungszusammenarbeit drastisch kürzt, nur um das Geld in die eigenen Taschen umzulagern. Der Blick schiesst in besagtem Artikel zum Schluss den Vogel ab, wenn er SVP-Nationalrat Peter Keller zitiert: «Wer hat die Erhöhung der Beiträge angeordnet?». Die Antwort: Er selber. Niemand geringeres als der empörte Keller selber, seine SVP und Teile von FDP und CVP, haben diesen Anträgen zugestimmt und das Anliegen durchgedrückt.

Der Blick schiesst den Vogel ab, wenn er SVP-Nationalrat Peter Keller zitiert: «Wer hat die Erhöhung der Beiträge angeordnet?». Die Antwort: Er selber!

Die Faktenverdrehung des Blicks zeigt, wie dreist das Staats-Bashing inzwischen betrieben wird. Offenbar ist es wichtiger, die Mär vom faulen, gefrässigen Staat und seinen unfähigen Beamten immer und immer zu wiederholen anstatt faktenbasierten Journalismus zu betreiben. Das liegt letztlich im Interesse jener, die Argumente brauchen, um immer neue Steuergeschenke an Multis und Superreiche durch noch mehr Leistungsabbau zu finanzieren. Ein Schelm ist, wer dabei an die Auftraggeber für Zeitungsinserate denkt...

31. Mär 2016