Vor über einem Jahr hat die Mehrheit im Parlament der Ratifizierung des Freihandelsabkommen mit der Türkei zugestimmt. Der Bundesrat hätte diese damals durchführen können, verzichtete aber darauf, weil die Türkei gerade in Nordsyrien einmarschierte. Der Zeitpunkt schien dem Bundesrat in einer politischen Gesamtbeurteilung nicht der passende zu sein. Es wäre ein falsches Zeichen zu einem ungünstigen Zeitpunkt gewesen. Nun hat sich die Meinung des Bundesrats aus unerfindlichen Gründen geändert. Er will die Ratifikation vorantreiben. Dies ist unverständlich, denn die Situation hat sich gegenüber dem letzten Jahr nur noch verschlimmert.

Nach dem Einmarsch in Nordsyrien beteiligt sich die Türkei nun auch im Krieg um Berg-Karabach auf der Seite von Aserbaidschan. In der Ägäis droht die Türkei Griechenland mit Krieg im Streit um die Erdgasvorkommen. Meldungen über innerstaatliche Menschenrechtsverletzungen wie Verhaftungen von Oppositionellen, Absetzungen demokratisch gewählter BürgermeisterInnen und Übergriffe auf ZivilistInnen nehmen derzeit in erschreckendem Ausmass zu. Zudem hetzt Präsident Recep Tayyip Erdogan gezielt gegen den Westen, wie seine Beleidigungen von Emmanuel Macron nach den Morden in Frankreich zeigten.

Es ist völlig unverständlich, wie eine politische Gesamtbeurteilung heute zum Schluss kommen kann, dass jetzt der bessere Zeitpunkt sei. Die SP fordert den Bundesrat auf, das Freihandelsabkommen mit der Türkei jetzt nicht zu ratifizieren. Solange die Türkei die Menschenrechte und den Rechtsstaat mit Füssen tritt und sich in diverse kriegerische Konflikte einmischt wie Syrien, Libyen oder Berg-Karabach, soll das Freihandelsabkommen nicht ratifiziert werden.

10. Nov 2020