Die Zahlen sind klar: In der Schweiz zahlen Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch Unternehmen und die öffentliche Hand für identische Produkte deutlich mehr als in den Nachbarländern. Obwohl die teilweise enormen Preisunterschiede bei Importprodukten nicht zu rechtfertigen sind, hat es die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrates abgelehnt, mit einer Verschärfung des Kartellgesetzes etwas gegen die Hochpreisinsel Schweiz zu unternehmen.

Die schärferen Bestimmungen zum Verbot sogenannter harter Kartelle sowie die Möglichkeit, gegen Unternehmen vorzugehen, die Parallelimporte verhindern, Lieferkanäle zumachen und damit ihren «Preiszuschlag Schweiz» durchsetzen, wurden abgelehnt. Eine solche Revision des Kartellgesetzes ist ein Etikettenschwindel und bringt nichts. Eine Allianz von Markenartikelvertretern und Wirtschaftsverbänden zementiert die Hochpreisinsel und nimmt in Kauf, dass jährlich Milliarden von Franken via Einkaufstourismus ausser Landes fliessen und die höheren Beschaffungskosten der Unternehmen Arbeitsplätze gefährden.

Diese Allianz bekämpft mit Scheinargumenten und dem Ablenkungsmanöver «Abbau von staatlichen Handelshemmnissen» die Verschärfung des Kartellgesetzes. Entgegen den Behauptungen der Gegner wird mit dem neuen Artikel 7a nicht in die Preisbildung der Unternehmen eingegriffen. Es geht allein um die Freiheit der Nachfrager aus der Schweiz, die Produkte dort zu beziehen, wo sie wollen. Dass das Kartellgesetz auch für Sachverhalte gilt, die im Ausland veranlasst werden, wenn sie sich in der Schweiz auswirken, ist schon heute so und kann durchgesetzt werden, das zeigen die Fälle von BMW, Gaba/Elmex oder Nikon. Der Abbau von staatlichen Handelshemmnissen, wie er nun als Allerheilmittel von Wirtschaftskreisen und bürgerlichen Politikern propagiert wird, nützt nichts gegen die Hochpreisinsel, wenn im Gegenzug Unternehmen Handelshemmnisse auf- und ausbauen, wie dies mit der Abschottung von Beschaffungskanälen und der Verweigerung von Parallelimporten geschieht.

Ein anschauliches Beispiel liefert der Onlinehandel: Sobald als Schweizerin identifiziert, wird man oft auf eine Schweizer Seite umgeleitet, auf der die Angebote deutlich teurer sind; eine Bestellung auf der ausländischen Website wird verweigert. In diesen und vielen andern Fällen greifen weder das heutige Kartellgesetz noch der Abbau staatlicher Handelshemmnisse. Zudem machen die noch bestehenden Handelshemmnisse (Produktedeklaration, Zulassungsbestimmungen, etc.) in der Regel nur einen kleinen Mehrpreis aus. Der Hauptgrund für die massiven Preisunterschiede sind internationale Grosskonzerne, die überhöhte Preise verlangen und gleichzeitig alternative Warenbeschaffungen wie Parallelimporte behindern.

Natürlich sollen Handelshemmnisse überprüft und, wo sinnvoll, abgebaut werden, aber das ist kein wirksames Mittel gegen die Hochpreisinsel Schweiz. Wer ernsthaft etwas für unsere Wirtschaft und Arbeitsplätze, für uns Konsumentinnen und Konsumenten und gegen den Kaufkraftabfluss ins Ausland unternehmen will, der setzt sich für die Verschärfungen im Kartellgesetz ein. Es liegt nun am Nationalrat, bei der Kartellgesetzrevision die von der WAK gezogenen Zähne wieder einzusetzen und sich dem Diktat von Hochpreiskartellen und Marktabschottern zu widersetzen.

 

Artikel erschienen in der NZZ vom 21. Februar 2014

05. Mär 2014