Die Mieten in der Schweiz sind 40% zu hoch. Wir alle zahlen 12‘000 Franken zu viel Miete pro Jahr. Die Wohnkosten sind mit Abstand der grösste Posten in jedem Haushaltsbudget. Und trotzdem wehren sich die Rechten gegen die Verschärfung der Lex Koller, die dem globalen Kapital den Zutritt zum Schweizer Immobilienmarkt erschweren und den Druck auf die Mieten lindern würde.

Ich bin entsetzt. Und tief besorgt.

Vor einigen Wochen publizierte die Raiffeisenbank eine Studie zum Immobilienmarkt. Darin stand, dass die Mieten in der Schweiz (seit 1985) um 40% zu hoch sind. Sie lesen richtig Vierzig (!) Prozent. In Franken macht das rund 18 Milliarden Franken aus, die den Mietenden buchstäblich zu viel aus der Tasche gezogen werden. Pro Jahr! Kein Aufschrei ging durch die Medienlandschaft. Erhöhen die SBB hingegen die Billetpreise um 2%, haben wir zwei Wochen lang Schlagzeilen.

Diese Woche Montag beschloss die Rechtskommission des Nationalrats, dass die Möglichkeit, überrissene Anfangsmietzinsen anzufechten, quasi abgeschafft wird. Erhöhungen der Mieten bei Mieterwechsel sind nach Mietrecht eigentlich illegal, weil eine überhöhte Rendite verboten ist. Aber genau diese Erhöhungen ohne Rennovation nach einem Mieterwechsel sind schuld daran, dass die Mieten um 40% zu hoch sind. Kein Aufschrei ging durch die Medienlandschaft.

In den letzten Tagen sind die Vernehmlassungsantworten verschiedener Verbände, Parteien und Kantone zur Verschärfung der Lex Koller eingetroffen. Die Lex Koller regelt, dass nur juristische und natürliche Personen, die ihren Lebensmittelpunkt in der Schweiz haben, Wohnimmobilien kaufen dürfen. Ziel der Vorlage ist es, die Aufweichungen der Lex Koller in der Vergangenheit wieder Rückgängig zu machen. 1998 hatte man die Gewerbeimmobilien aus dem Schutzbereich der Lex Koller genommen. 2005 erlaubte man dem globalen Kapital indirekt über börsenkotierte Immobiliengesellschaften Geld in unsere Immobilien zu parkieren.

Damit liess man die renditesuchende Nachfrage nach Grundstücken explodieren. Das zog eine massive Verteuerung der Immobilienpreise und damit auch der Mieten nach sich. Entsprechend wurde die Rendite der ebenfalls in Immobilien anlegenden Pensionskassen geschwächt, der Druck auf die Mietzinseinnahmen erhöht und Wohngenossenschaften wurden aus dem Markt verdrängt. Die allermeisten Antworten der Vernehmlassung waren negativ gegenüber der Verschärfung. Mit abstrusen und falschen Argumenten. Kein Aufschrei geht durch die Medienlandschaft.

Diskutiert wird derzeit dafür die Rentenreform. Rechte Jungparteien beschweren sich, die Reform gehe zu Lasten der Jungen. Diese müssen – wie alle Erwerbstätigen – 0,3 Lohnprozente mehr zahlen und 0,3 Mehrwertsteuerprozente. Aus den gleichen Kreisen hat man noch nie eine Beschwerde gehört, dass die Jungen, wie alle anderen auch rund 1'000 Franken zu viel Miete pro Haushalt und Monat zahlen müssen. Das sind 12'000 Franken pro Jahr! Auf ein Arbeitsleben macht das (ohne Verzinsung) rund eine halbe Million Franken aus. Wer nur für einen kurzen Moment das Hirn einschaltet weiss, dass tiefe Wohnkosten (ob Mieten oder Wohneigentum) die beste Altersvorsorge überhaupt sind. Und übrigens die beste Wohneigentumsförderung auch.

Wir haben in der politischen Debatte komplett die volkswirtschaftlichen Relationen verloren. Wieso redet niemand über den grössten Posten im Haushaltbudget: die Wohnkosten? Wieso geht kein Aufschrei durchs Land? Das ist es was mich entsetzt und tief besorgt.

Aber eines ist klar: Wird das Mietrecht komplett aufgeweicht, wird das gescheiterte Experiment der Lex-Koller-Aufweichung nicht wieder Rückgängig gemacht; dann muss die Bevölkerung halt diese Missstände korrigieren. Garantiert. 

29. Jun 2017