Die Leistungen des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz stossen über die Grenzen unseres Landes hinaus auf Bewunderung: Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Service sind die Eckpfeiler. Nun jedoch hat sich die SBB für ein massives Sparprogramm mit Decknamen «Railfit» entschieden. Ein fragwürdiges, unverantwortliches und gefährliches Vorhaben.

Die SBB ist mehr als ein Transportunternehmen: Für den Zusammenhalt der Willensnation Schweiz mit den unterschiedlichen Regionen und Kulturen sind die Service public-Unternehmen entscheidend. Die Erschliessung von Zentren und Randregionen haben eine Bedeutung, welche weit über unverzichtbare Impulse für Tourismus und Wirtschaft hinausgeht. Die dezentralen Strukturen mit den Arbeitsplätzen über die ganze Schweiz verteilt, befruchten die Entwicklung des öffentlichen Verkehrs schweizweit.

Und nun schnallt sich die Führungscrew um den umtriebigen CEO Andreas Meyer die Berater der McKinsey an, lässt einen Massnahmenkatalog für Einsparungen erarbeiten und präsentiert eine Auswahl davon den Medien: Der Abbau von 1400 Stellen und Einsparungen von über 1 Milliarde pro Jahr. Gerade erinnern wir uns an die Früchte der McKinsey-Strategen, die vor 15 Jahren wesentlich dazu beitrugen, dass ein Flaggschiff der Schweizer Wirtschaft den (Luft-)Schiffbruch erlitt: Die Swissair. Beim Grounding verloren tausende Arbeitnehmende ihre Stelle und wir Steuerzahlende hatten über drei Milliarden in die Branche einzuschiessen.

Ausgerechnet «McKinsey-Experten» sollen nun auch noch die Geschicke der Institution SBB prägen. Die externen Berater in Verwaltung und staatsnahen Betrieben führten bei allen politischen Couleurs zu Unmut, sodass nun jährlich ausgewiesen wird, welche der externen, oft überteuerten Leistungen nun wieder intern erbracht werden - preiswerter, effizienter und ohne Abhängigkeit von Dritten.

Doch die SBB wählt einen anderen Weg: Der Abbau von Verkaufspersonal und -stellen bedeutet eine Benachteiligung der Menschen, die mit den neusten Technologien weniger vertraut sind. Zudem führt es zu Folgen für Bahnhöfe und Dörfer, welche nebst den Arbeitsplätzen auch sozial wichtige Treffpunkte verlieren. Mit dem Personalabbau in der Zugsverkehrsleitung und dem Ereignismanagement greift die SBB die Sicherheit an: Folgen des mutmasslichen Versagens von Verkehrsleitenden haben jüngst bei einem Armeeflugzeug zu dramatischen Folgen geführt. Mitarbeitende des Ereignismanagements sorgen dafür, dass gerade auch nach Unfällen rasch und wirksam die Sicherheit der Passagiere gewährleistet werden kann, Leben gerettet werden und der Verkehr möglichst rasch wieder funktioniert.

Bereits in den vergangenen Jahren reihten sich auch in der SBB-Verwaltung zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung die Reorganisationsprojekte aneinander. Jetzt, nachdem sich gerade in Olten zwei Verwaltungsbereiche neu konzentriert haben, bereits wieder Unruhe zu sähen, ist fragwürdig.

Die Bevölkerung der Schweiz ist mit den Leistungen der SBB grundsätzlich sehr zufrieden. Die Öffentlichkeit ärgert sich eher über die Löhne des CEO und dessen engstem Umfeld. Jetzt gar anzukündigen, faktisch die Löhne aller normalen Beschäftigen um 0.8 % senken zu wollen und weit über tausend Stellen in Frage zu stellen ist verantwortungslos.

Die Politik muss ihrerseits bereit werden, die fairen Kosten nicht nur für Neubauten, sondern auch für Unterhalt und Leistungen zu tragen. Priorität hat nun, rasch die Honorare der McKinsey-Berater einzusparen, die Managementaufgaben intern wahrzunehmen und allfällige Probleme mit Bestellern und Sozialpartnern zu diskutieren. Zwar plant Meyer die Systemherrschaft über die digitalisierte Mobilität zu erlangen. Jetzt gilt es aber die Verantwortung wahrzunehmen, welche über die betriebswirtschaftlichen Interessen gestellt werden müssen. Mit der Flucht nach vorn riskiert Meyer, dass RailFit zum ersten Wurf der Totenschaufel der guten, bewährten und erfolgreichen SBB wird. Noch kann der McKinsey-Express auf das Abstellgleis gestellt werden, wo er auch hingehört.

Dieser Gastkommentar erschien am Samstag, 01. Oktober 2016 in der Solothurner Zeitung

04. Okt 2016