Eigentlich geht es bei der RTVG-Revision nur darum, die Gebühren für Radio und TV effizienter und gerechter zu erheben. Die Gegner machen aus monetären und ideologischen Motiven eine Abstimmung pro/contra SRG daraus. Doch dann ist am 14. Juni erst recht ein Ja angezeigt. Denn die SRG ist als Teil des Service Public auf eidgenössische Solidarität angewiesen

Im Vorfeld der Abstimmung vom 14. Juni ist eine hitzige Debatte rund um die Revision des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entbrannt. Liest man einige der aktuellen Stellungnahmen, so hat man den Eindruck, dass es hier um den Erhalt oder umgekehrt um die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Radios und Fernsehens geht. Oder um die Aufteilung des Werbemarkts im Internet.

Es sei mir an dieser Stelle erlaubt, die Debatte auf den eigentlichen Inhalt der Gesetzesrevision zurückzuführen. Die Revision betrifft in erster Linie die Erhebung der Radio- und Fernsehgebühren, welche ja hauptsächlich zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Radios und Fernsehens in den vier Sprachregionen unseres Landes dient. Dazu unterstützen die Gebühren die Finanzierung von 34 privaten Radio- und TV-Stationen.

Heute müssen alle Haushalte und Unternehmen, welche über ein Empfangsgerät verfügen, Radio- und TV-Gebühren bezahlen. Mit dem aktuellen Gesetz müssen Personen, die zu Hause und an ihrem Zweitwohnsitz einen Fernseher haben, die Gebühren doppelt bezahlen. Das gleiche gilt für eine Bäckerei, die zwei Filialen betreibt. Heutzutage sind nur diejenigen Personen von den Gebühren befreit, welche über gar kein Empfangsgerät verfügen – auch nicht in ihrem Privatfahrzeug. Dieses System ist eindeutig veraltet: Da nahezu alle via Smartphones, Computer oder Tablets über Empfangsgeräte verfügen, kann praktisch die ganze Bevölkerung Radio hören und fernsehen.

Mit dem aktuellen Gesetz müssen Personen, die zu Hause und an ihrem Zweitwohnsitz einen Fernseher haben, die Gebühren doppelt bezahlen. Das gleiche gilt für eine Bäckerei, die zwei Filialen betreibt.

Kontrollen machen in diesem Umfeld keinen Sinn mehr: Wie sollen die Billag-Inspektoren feststellen, ob sich in einem Haushalt solche elektronische Geräte befinden? Wie so oft hinkt die Regulierung der technologischen Entwicklung hinterher und verursacht hohe Kosten, die nicht nötig sind. Und jetzt mal im Ernst: Schauen 15 Prozent der Haushalte, welche keine Gebühren bezahlen, wirklich nie fern und hören tatsächlich nie Radio?

Angesichts der Absurdität dieser Situation hat der Bundesrat eine Gesetzesrevision vorgeschlagen. Dabei ist das Ziel, die Gesamtsumme der Einnahmen sowie die Aufteilung zwischen Haushalten und Unternehmen nicht zu verändern. Nach detaillierter Analyse aller möglichen Lösungen hat der Bundesrat die einfachste und solideste vorgeschlagen und das Parlament hat sich dieser Meinung angeschlossen. Darüber stimmen wir am 14. Juni ab.

Neu sind alle Haushalte gebührenpflichtig, womit die Gebühren von 451 auf 400 Franken sinken werden. Das Einwohnerregister dient als Grundlage für die Erhebung. Änderungen wie zum Beispiel ein Umzug werden automatisch registriert und müssen nicht mehr gemeldet werden. Und auch die mühsamen Kontrollen am Wohnort fallen weg. Insgesamt können somit über 20 Millionen Franken Administrativkosten eingespart werden.

Zudem haben Haushalte die Möglichkeit, sich bis 2022 von den Gebühren befreien zu lassen. Dabei geht es vor allem um ältere Personen, die keinerlei elektronische Medien nutzen. Zwei weitere Ausnahmen bleiben bestehen: Personen, die Ergänzungsleistungen der AHV oder der IV beziehen, bezahlen keine Gebühren, und Heimbewohnerinnen und Heimbewohner werden befreit. Institutionen wie Altersheime werden die Gebühren neu auf kollektiver Grundlage bezahlen.

Auch für die Unternehmen wird der Besitz eines Empfangsgeräts als Kriterium zur Gebührenpflicht aufgehoben. Unternehmen, welche weniger als 500‘000 Franken Umsatz erzielen, bezahlen künftig gar keine Gebühren. Mit diesem System wird vermieden, dass Unabhängige und Bauern doppelt bezahlen müssen, einmal als Privatpersonen und einmal als Unternehmen. Für Unternehmen, welche einen höheren Umsatz deklarieren, werden die Gebühren massvoll angepasst. Ab einer Milliarde Umsatz beträgt die Gebühr 39‘000 Franken. Die Verteilung der Abgaben bei den Unternehmen wird also gerechter umgesetzt.

Unternehmen, welche weniger als 500‘000 Franken Umsatz erzielen, bezahlen künftig gar keine Gebühren. 

Die weiteren Gesetzänderungen sind minim. Dabei geht es im Wesentlichen darum, die Finanzierung der regionalen Radio- und TV-Sender leicht anzuheben und sie bei der technologischen Anpassung sowie der Ausbildung der Journalisten zu unterstützen.

Sollte die Revision abgelehnt werden, würde das aktuell geltende Recht erhalten bleiben. Die Gebühren würden also weiterhin auf der Grundlage der Empfangsgeräte erhoben, und die damit verbundenen administrativen Kosten der Billag würden bestehen bleiben.

Die Aufregung der Gegner dieser pragmatischen Gesetzrevision ist objektiv nicht nachvollziehbar. Offenbar führen diese eine «hidden agenda». Dem SGV geht es mit diesem Referendum mit aller Wahrscheinlichkeit darum, der Nationalrats-Kampagne seines Direktors Hans-Ulrich Bigler eine Plattform zu bieten. Denn für die Unternehmen ist die vorgeschlagene Lösung vollkommen nachvollziehbar: Die Unterstützung von Economiesuisse beweist dies.

Seitens SVP und FDP sehe ich zweierlei Motivationen: Einerseits will man das Schweizer Radio und Fernsehen politisch schwächen, um vereinfacht Werbefenster aus dem Ausland verkaufen zu können. Dies ist im Interesse von Nationalrätin Natalie Rickli, die bei Goldbach Media AG unter Vertrag steht. Diejenigen, welche die Medien als eine Wirtschaftsbranche wie alle anderen betrachten und damit 20 Prozent Gewinn erzielen wollen, sind mit dieser Vorgehensweise einverstanden.

SVP und FDP wollen wollen das Schweizer Radio und Fernsehen politisch schwächen, um vereinfacht Werbefenster aus dem Ausland verkaufen zu können. 

Andererseits gibt es einen ideologischen Grund: Man will den Service Public schwächen, und insbesondere dessen Verteilungsmechanismen. Für die Westschweiz, das Tessin, und die Rätoromanen geht es hier um die Wurst. Drei Viertel der Gebühren und der Werbeeinahmen der SRG werden in der Deutschschweiz generiert. Nur dank des Solidaritätsmechanismus muss sich der Rest der Schweiz nicht mit einem mageren Viertel der Ressourcen begnügen.

Dank der Solidarität der Deutschschweiz haben Romands, Tessiner und Rätoromanen Zugang zu einem qualitativ hochstehenden und vielfältigen Service Public. 

Dank der Solidarität der Deutschschweiz haben Romands, Tessiner und Rätoromanen Zugang zu einem qualitativ hochstehenden und vielfältigen Service Public. Es handelt sich um eine wichtige demokratische und kulturelle Errungenschaft, an dieser sich die unverbesserlichen Gegner des Service Public natürlich stören. Darum geht es aber nicht bei der Abstimmung über die RTVG-Revision. Grundsätzlich ist dies aber noch ein weiterer Grund, JA zu stimmen: Die Revision erlaubt es nämlich, die gesunde Finanzierung des Radios und des Fernsehens zu sichern. Und dies ist eine der Grundlagen der eidgenössischen Solidarität. 

18. Mai 2015