Nach dem angekündigten Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf wird die SP jene Kandidatinnen und Kandidaten anhören, die wie die abtretende Bundesrätin konkordanzfähig sind und sich unmissverständlich zu den Bilateralen, zur EMRK und zum Grundrecht auf Asyl bekennen. Die Entscheidung liegt bei den Parteien der Mitte, ob sie für die Bundesratswahlen vom 9. Dezember eine Kandidatur stellen.

Eveline Widmer-Schlumpf wurde als SVP-Vertreterin in den Bundesrat gewählt und hat acht Jahre lang eine bürgerliche Politik vertreten – jedoch ohne ideologische Scheuklappen. Mit ihr war eine Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg möglich. Die Bilanz ist denn auch positiv: Mit der Bewältigung der Bankenkrise 2008, der Einführung des automatischen Informationsaustauschs (AIA) oder der Verschärfung der Eigenkapitalquote hat Eveline Widmer-Schlumpf den längst fälligen Umbau des Finanzplatzes Schweiz massgeblich geprägt. 

Der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Eveline Widmer-Schlumpf muss ihre kollegiale, pragmatische und unabhängige Politik fortsetzen. Die Person muss fähig sein, sich in einer Kollegialbehörde zu integrieren. Vor allem aber muss sie sich zum Rechtsstaat und zu einer konstruktiven Aussenpolitik bekennen: Nur wer die Bilateralen bewahren will, einen Austritt aus der EMRK ablehnt und das Recht auf Asyl nicht in Frage stellt, wird von der SP zu Anhörungen eingeladen. 

28. Okt 2015