Krankenkassen geniessen nicht den besten Ruf: Wiederkehrende Prämienschocks, nervende Telefonwerbung, Einsatz von Prämiengeldern für politische Kampagnen, willkürliche Praktiken bei Schadensfällen – im Sorgenbarometer belegen die Kassen stets unrühmliche Spitzenplätze. Kein Gehör für die Sorgen der Bevölkerung zeigt hingegen deren Vertretung in Bern. Der von Kassenlobbyisten durchsetzte Nationalrat lehnte heute die Initiative für eine öffentliche Krankenkasse mit 124 zu 61 Stimmen ab.

Über zwei Dutzend Parlamentarierinnen und Parlamentarier stehen im Sold von Versicherungen, Krankenkassen, Vergleichsdiensten oder gesundheitspolitischen Lobbyorganisationen. Ob Verwaltungsrat, Beirat oder Delegierte, ungeachtet der kreativen Namensgebung vertreten diese Parlamentarier nicht nur das Volk, sondern als bezahlte Lobbyisten auch ihre Geldgeber. Der Einfluss der Krankenkassen machte sich heute Mittwoch im Nationalrat wieder einmal deutlich bemerkbar. Der Kassenlobby gelang es, die bürgerlichen Reihen zu schliessen und selbst früher Kassen-kritische Ratsmitglieder zu einem Nein zur Initiative „für eine öffentliche Krankenkasse“ zu bewegen.

Der Trägerverein der Initiative „für eine öffentliche Krankenkasse“ bedauert diesen Entscheid und die damit gezeigte mangelnde Volksnähe. Die Vorteile einer öffentlichen Krankenkasse liegen auf der Hand, sofern man die ideologischen Scheuklappen abzulegen bereit ist:

  • Die öffentliche Krankenkasse ist einfacher: Ärztinnen, Apotheker, Spitäler oder Spitex-Organisationen müssen sich heute mit über 60 Kassen und ihren jeweiligen Sonderregelungen herumschlagen. Mit über 300‘000 Prämienstufen und Versicherungsmodellen versuchen die Kassen, neue Versicherte anzulocken. Dieser Pseudo-Wettbewerb nützt einzig den Kassen, denn die Leistungen sind gesetzlich vorgeschrieben.
  • Die öffentliche Krankenkasse ist gerechter: Sie beendet die unsolidarische und schädliche Jagd nach guten Risiken und macht Schluss mit Willkür und Schikanen, unter denen heute besonders chronisch kranke und ältere Menschen zu leiden haben.
  • Die öffentliche Krankenkasse ist günstiger: Millionen an Prämiengeldern stecken die Kassen in Werbung und Provisionen, um sich gegenseitig Kunden abzujagen. Dabei hat das System der Pseudo-Konkurrenz bis heute nie den Nachweis erbracht, die Prämien tief halten zu können. Im Gegenteil: Der kassennahe Vergleichsdienst comparis.ch sprach letzte Woche sogar davon, dass die Prämien in den letzten Jahren angesichts der Kostenentwicklung im Gesundheitsbereich zu tief angesetzt wurden. Ob die Kassen wohl aus Angst vor der nahenden Abstimmung ihren Versicherten keinen erneuten Prämienschock zumuten wollten.

Der Trägerverein der Initiative „für eine öffentliche Krankenkasse“ ist zuversichtlich, dass das Stimmvolk den Kassen im Herbst die Rechnung präsentieren wird. Die Zeit für einen Systemwechsel ist reif, das Experiment „Wettbewerb im Gesundheitswesen“ gescheitert. Nach fast zwanzig Jahren ist es Zeit, diesen teuren und unsozialen Feldversuch zu beenden. 

 

05. Mär 2014