Die Verzögerungstaktik des Eidgenössischen Nuklearinspektorats ENSI zur Beurteilung der Erdbebengefährdung mutet grotesk an. Immerhin geht es um eine mögliche Kernschmelze als Folge eines Erdbebens und damit die höchste Gefährdung, die von einem AKW ausgehen kann.

Die Sicherheit der Bevölkerung müsste erste Priorität haben, doch das ENSI schiebt die Beurteilung der Erbebengefährdung wie eine heisse Kartoffel vor sich her. Die frühere Atomaufsicht (KNS) hatte vor 17 Jahren eine Studie in Auftrag gegeben, um die Stärke möglicher Erdbeben zu bestimmen. Darauf aufbauend hätten die AKW nachgerüstet werden können.

Fünf Jahre später, im Jahr 2004, war die Studie PEGASOS fertiggestellt, mit vernichtenden Resultaten für die Kernkraftwerkbetreiber. Statt eine Verfügung zur dringlichen Nachrüstung zu erlassen, wurde eine verfeinerte Studie (PEGASOS Refinement Project PRP) in Auftrag gegeben. Unter der Leitung der Dachorganisation der Schweizer Kernkraftwerkbetreiber «swissnuclear» wurde die Erdbebengefährdung erneut analysiert.

«swissnuclear» hat volle neun Jahre gebraucht, um diese verfeinerte Studie zu erarbeiten. Das ENSI hat sich daraufhin weitere zwei Jahre Zeit gelassen, um diese geheime Studie zu prüfen und im Dezember 2015 die entsprechende Verfügung zu entwerfen. Erstaunlicherweise wurde diese den Kernkraftwerkbetreibern auch noch zur Gewährung des rechtlichen Gehörs unterbreitet.

Nun wartet die Öffentlichkeit also noch immer auf die Veröffentlichung der verfeinerten PEGASOS-Studie und wir alle sind gespannt darauf, welche Auflagen den AKW-Betreibern gemacht werden. Uns bleibt die Hoffnung, dass ein mögliches Erdbeben so schwach reagiert wie die zuständigen Behörden und geduldig wartet, bis nachgerüstet ist.

04. Mai 2016