Mit den zusätzlichen Geldern für die AHV müssen dem AHV-Fonds weniger Mittel über Lohnabzüge oder Mehrwertsteuererhöhungen zufliessen. Dies kommt allen zu Gute.
Die nationale Erbschaftssteuer ist aber auch eine Stärkung innerhalb der Generation der Rentnerinnen und Rentner. Denn meist sind es ältere Menschen, die vererben und dank der Zweckbindung für die AHV sind es auch ältere Menschen, die profitieren. Warum das so richtig und nötig ist, möchte ich in der Folge etwas vertiefen.
Zuerst eine Vorbemerkung: Bei einem 40-jährigen Arbeitsleben muss man nach Abzug von Steuern und den gesamten Lebenshaltungskosten jedes Jahr 50'000 Franken auf die Seite legen, um ein Vermögen von 2 Millionen zu erwirtschaften. Erst dann wird man von der Erbschaftssteuer erfasst. Bei einem Ehepaar ist es sogar das Doppelte. Ein Ehepaar, das künftig Erbschaftssteuer zahlen muss, war also in der Lage, Kinder grosszuziehen, deren Ausbildung zu finanzieren und jährlich 100'000 Franken zur Seite zu legen. Wer bei seinem oder ihrem Tod über ein vererbbares Vermögen von 2 Millionen oder mehr verfügt (als Ehepaar 4 Millionen), hat – so darf man wohl feststellen – ein gutes Leben geführt.
Gleichzeitig nimmt die Ungleichheit der Vermögensverteilung drastische Ausmasse an. Wie stark sich die Vermögenskonzentration entwickelt hat, zeigen die Zahlen.
Im Verteilungsbericht des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes von 2011 ist nachzulesen, dass sich 1997 die Hälfte der Vermögen in der Schweiz noch auf 4,3 Prozent der Steuerpflichtigen verteilte, 2007 jedoch schon nur noch auf 2,2 Prozent der Steuerpflichtigen. Innerhalb von 10 Jahren hat sich die Konzentration also verdoppelt.
Selbst der Bundesrat schreibt in seiner Botschaft, dass die Vermögenskonzentration in der Schweiz zu den Weltweit grössten gehört und illustriert es dementsprechend. Der Bundesrat schreibt, dass die 1 Prozent Reichsten 40 Prozent der Vermögen in der Schweiz besitzen.
Es gibt leider nur wenig oder kaum Zahlen bezüglich Altersverteilung, aber ich denke, die Feststellung ist zulässig, dass viele der Vermögenden im höheren Alter sind.
Der Basler Soziologe Ueli Mäder betitelt in seinem Buch «Wie Reiche denken und lenken» ein Kapitel mit «Der Reichtum ist männlich» und ich leite deshalb mit meiner Feststellung «Die Ergänzungsleistung ist weiblich» - und damit meine ich nicht die Sprache - über zur wenig begüterten Hälfte der älteren Menschen. Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil der Frauen, die Ergänzungsleistungen beziehen, an. Bei den 94jährigen ist der Anteil der EL-Bezügerinnen doppelt so hoch als jener der EL-Bezüger, nämlich bei 40 Prozent, gegenüber 20 Prozent unter den Männern.
Rund 12 Prozent der AHV-Bezügerinnen und AHV-Bezüger benötigen Ergänzungsleistungen, um über die Runden zu kommen und es sind längst nicht ausschliesslich hoch betagte, in Heimen lebende Menschen. Ein Zehntel der EL-Beziehenden lebt noch zu Hause. Die Anzahl EL-Bezügerinnen und EL-Bezüger ist in den letzten 10 Jahren von 143'600 auf 185'800 angestiegen. Das ist dramatisch. Das Bundesamt für Statistik bezeichnet rund ein Viertel der Personen ab 65 Jahren als armutsgefährdet, konkret 23,6 Prozent der Menschen in Paarhaushalten respektive 31,3 Prozent der Alleinlebenden.
Wir haben also auf der einen Seite eine Gruppe sehr wohlsituierter Seniorinnen und Senioren, man könnte etwas salopper formuliert auch von Schwerreichen sprechen, und auf der anderen Seite eine zu grosse Anzahl AHV-Rentnerinnen und Rentner, die nach dem Arbeitsleben ihren Ruhestand nicht geniessen können, sondern auch dann noch von finanziellen Sorgen geplagt werden. Darum ist es meines Erachtens eben richtig, eine nationale Erbschaftssteuer einzuführen und die Erträge zu zwei Dritteln an die AHV zu binden. Dies ist ein Akt der Solidarität zwischen denjenigen, die ohne finanzielle Sorgen durchs Leben gehen konnten und jenen, die es schwieriger hatten. Dieser Beitrag in den AHV-Fonds ermöglicht es, das Rentenniveau zu halten und gar etwas auszubauen. Denn zum würdevollen Altern gehört, dass man keine finanziellen Sorgen haben soll.