Die Grünliberale Initiative ist am 8. März an der Urne abgestürzt. Die Energiewende muss jetzt noch konsequenter vorangetrieben werden. Denn sie ist dringend und ohne Alternative. Wer jetzt einen Stopp der Energiestrategie fordert, handelt verlogen.

Nur gerade 8 Prozent der Stimmbevölkerung sagten Ja zur Initiative Energie- statt Mehrwertsteuer. Die Nationalräte Christian Wasserfallen (FDP) und Albert Rösti (SVP) schlossen aus dem Abstimmungsresultat sofort, dass die Energiestrategie 2050 jetzt gebremst und unmittelbar dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden müsse. Das war etwa so überraschend wie das Amen in der Kirche. Denn diese Forderung wird von diesen beiden Atomkraftanhängern bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit vorgetragen. Sie ist nicht überraschend aber verlogen.

Eine breite Siegerallianz

Denn erstens blenden sie bewusst aus, dass nicht nur die Gegner, sondern auch die Mehrzahl der Energiewende-Befürworter diese Vorlage abgelehnt haben. Dazu zählen - neben der SP - die BDP, die CVP und offensichtlich auch viele Wählerinnen und Wähler der Grünen. Diese Initiative war ein Wahlkampfinstrument der Grünliberalen. Aus Sicht der Energiewende war sie ein unnötiges Störmanöver, eine umweltökonomische Panne.  Die Stimmenden haben verstanden, dass man den Staatshaushalt nicht von Atomstrom, Erdöl und Gas abhängig machen darf, wenn man sich von diesen Energieträgern befreien will.

Die Stimmenden haben verstanden, dass man den Staatshaushalt nicht von Atomstrom, Erdöl und Gas abhängig machen darf, wenn man sich von diesen Energieträgern befreien will.

Und zweitens wissen auch Wasserfallen und Rösti, dass ein Stopp der Energiestrategie und eine Volksabstimmung über die Energiestrategie kein Problem löst. Sie suggerieren, dass die Schweiz nur auf neue AKWs setzen müsste und dann würde alles weitergehen wir bisher. Das ist falsch. Denn eine Strategie «Weiter wie bisher» gibt es nicht. Sogar Economiesuisse sagt heute klar, dass der Bau neuer Atomkraftwerke in der Schweiz keine Option mehr darstellt. Kein Investor, der bei Trost ist, wird in der Schweiz ein AKW bauen. Es lässt sich unmöglich refinanzieren. Das ist eine unverrückbare Tatsache.

Keine Investoren in Sicht

Warum? Die eindrückliche Bestätigung lieferte England. Die Regierung Cameron bestellte Atomkraftwerke. Aber niemand wollte sie finanzieren. Erst im letzten Jahr, als die britische Regierung den Betreibern indexierte Einspeisevergütungen von 9,25 Pence/kWh über 35 Jahre garantierte, kam ein Vertrag zustande. Rechnet man die zugesicherte Teuerung dazu, ergibt das einen Mittelwert von 21 Rappen pro Kilowattstunde, und das 35 Jahre lang!

Das heisst, die neue Atomenergie ist heute mehr als doppelt so teuer wie neue Windenergie und auch fast doppelt so teuer wie Sonnenenergie, für die heute in Europa 10 bis 15 Eurocent bezahlt werden. Gleichzeitig purzeln die Preise für Sonnen- und Windenergie weltweit weiter. AKWs sind für private Investoren deshalb ein «No Go». Wären die AKW-Freunde Wasserfallen und Rösti ehrlich, dann hätten sie in der Nationalratsdebatte Kostendeckende Einspeisevergütungen für Atomstrom gefordert. Ohne sehr hohe Subventionen bleiben neue AKWs Träume von Ewiggestrigen. Weil die Atomfreunde das nicht gemacht haben, sind sie unglaubwürdig. Es wäre aus ihrer Sicht nämlich dringend. Ein Neubau dauert mindestens 15 Jahre. Das Warten auf neue AKW-Generationen erhöht die Importabhängigkeit mit jedem Tag.

Vorwärts machen

In allen umliegenden Ländern werden die Kraftwerke erneuert. Nur in der Schweiz nicht. Wer zur Energiestrategie Stopp sagt, zementiert diesen Missstand.  Frankreich hat pro Kopf 4 mal mehr, Österreich 5 mal mehr, Italien 9 mal mehr und Deutschland 15 mal mehr Solar- und Windkraftwerke als die Schweiz, weil sie die neuen erneuerbaren Energien stärker fördern als die Schweiz. Unter diesen Umständen bringt das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie nicht eine Marktverzerrung, sondern die eidgenössische Antwort auf bestehende Marktverzerrungen, welche die Schweizer Solar- Wind- und Wasserbranche bisher stark benachteiligt haben. Die Energiestrategie schafft endlich gleich lange Spiesse mit dem Ausland.

Frankreich hat pro Kopf 4 mal mehr, Österreich 5 mal mehr, Italien 9 mal mehr und Deutschland 15 mal mehr Solar- und Windkraftwerke als die Schweiz, weil sie die neuen erneuerbaren Energien stärker fördern als die Schweiz.

Die Grünliberale Initiative hätte die Energiewende auf ein Abstellgleis geschickt. Es ist richtig, dass sie abgelehnt wurde. Die Energiewende fährt jetzt auf dem richtigen Gleis weiter. Aus Sicht der SP sollte sie schneller laufen. Denn die laufenden AKWs sind marode und die Abhängigkeit von fossilen Energiequellen aus Saudi-Arabien und Russland wird immer deutlicher zu einer bedrohlichen Hypothek für die Schweiz. Bis 2050 soll die Vollversorgung mit erneuerbarer Energie in der Schweiz erreicht werden. An diesem Ziel wird die SP konsequent weiter arbeiten.

09. Mär 2015