Die Bürgerinnen und Bürger haben am 9. Februar 2014 weder die Kündigung des Freizügigkeitsabkommens (FZA) noch das Ende der bilateralen Beziehungen mit der EU beschlossen. Sie haben sich hingegen gegen ein Zuwanderungsmodell, das nur der Wirtschaft, nicht aber den Menschen, nützt, ausgesprochen. Die Umsetzung des Zuwanderungs-Artikels 121a muss dort ansetzen und darf nicht zu einer Kündigung der bilateralen Verträge führen. Darum ist das Vorgehen des Bundesrats richtig, zuerst mit der EU über eine FZA-Anpassung zu verhandeln und nicht einseitig Kontingente oder andere Beschränkungen zu beschliessen. Parallel dazu muss der Bundesrat die innenpolitischen Reformen im Arbeitsmarkt und im Bildungsbereich viel energischer vorantreiben.

Trotz der derzeit vorherrschenden Kriegsrhetorik in Teilen von Medien und Politik: Die EU ist unser Partner, nicht unser Feind. Gute Beziehungen zur EU sind gut für die Schweiz, schlechte Beziehungen sind schlecht für die Schweiz. Bei der Umsetzung des Zuwanderungs-Artikels ist deshalb der Erhalt der bilateralen Beziehungen gleich zu gewichten wie die Forderung nach einer Steuerung der Zuwanderung. Wenn die Schweiz gegenüber der EU vertragsbrüchig würde und als Folge die bilateralen Verträge fielen, wäre der wirtschaftliche und soziale Schaden enorm.

Darum ist die SP mit dem Bundesrat einig: Für Angehörige von EU/EFTA-Staaten geht das FZA vor. Die SP bekräftigt ihre Position, dass die Umsetzung des Zuwanderungsartikels die engen Beziehungen zu unseren europäischen Nachbarn nicht gefährden darf. Sie teilt ebenfalls die Meinung des Bundesrates, dass die Verträge mit der EU weiterentwickelt werden müssen. Die Lösung der «institutionellen Fragen» ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunft der Beziehungen der Schweiz mit Europa.

Ungenügend sind die Vorschläge und laufenden Projekte des Bundesrates hingegen im Bereich der flankierenden Massnahmen. Die «Fachkräfte-Initiative» besteht bisher nur aus Medienkonferenzen und runden Tischen. Die Schweiz darf ihre innenpolitischen Hausaufgaben nicht weiter vernachlässigen. Nur wenn den Sorgen der Bevölkerung mit wirksamen wirtschaftlichen und sozialen Reformen begegnet wird, ist eine weitere Abstimmung – und die kommt bestimmt – zu gewinnen.

Um das inländische Potenzial zu aktivieren, fordert die SP eine Bildungsoffensive mit deutlich mehr Geld für die Bildung, mehr Stellen und einen besseren Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmende sowie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zu begrüssen ist die Absicht des Bundesrates, vorläufig Aufgenommen und anerkannten Flüchtlingen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu öffnen. Gleichzeitig muss der Grundsatz «in der Schweiz gelten Schweizer Löhne» mit mehr Kontrollen und härteren Sanktionen konsequent durchgesetzt werden. 

26. Mai 2015